Grüne Europagruppe Grüne EFA

https://taz.de/Abstimmung-ueber-Pestizid-Zulassung/!5966296/

Eine EU-Abstimmung fand keine ausreichende Mehrheit gegen eine Zulassung des Pestizids. Berlin enthält sich – entgegen dem Koalitionsvertrag.
Die grünen Pflanzen (links) sterben ab und ihre Blätter werden gelb. Rechts stehen grüne Pflanzen

BRÜSSEL/BERLIN taz | Die EU-Kommission ist mit ihrem Vorschlag, die Zulassung von Glyphosat zu erneuern, vorerst gescheitert. Ein Vorschlag, den Einsatz des Pestizids für weitere 10 Jahre zu erlauben, fand unter den 27 EU-Staaten bei einer Abstimmung am Freitag nicht die erforderliche Mehrheit. Deutschland hat sich enthalten. Es kam aber auch keine ausreichende Mehrheit gegen die Vorlage zustande, die sie gestoppt hätte.

Österreich und Luxemburg stimmten gegen den Vorschlag der EU-Kommission. Frankreich hatte sich für Änderungen ausgesprochen. Nach Ansicht der Regierung in Paris müsse Glyphosat verboten werden, sobald es Alternativen gebe, sagte Landwirtschaftsminister Marc Fesneau. Die EU-Kommission hatte jedoch nur vergleichsweise milde Bedingungen für die erneute Nutzung formuliert.

Glyphosat, das unter anderem vom deutschen Chemiekonzern Bayer vertrieben wird, ist der weltweit meistverkaufte Herbizidwirkstoff. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation bewertete ihn 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ – mit Glyphosat gefütterte Säugetiere hatten Tumore entwickelt. In den USA verurteilten daraufhin mehrere Gerichte Bayer zu hohen Schadenersatzzahlungen an KlägerInnen, die ihre Krebserkrankung auf den Unkrautvernichter zurückführen. Der Konzern beruft sich dagegen auf verschiedene Zulassungsbehörden, die Glyphosat als sicher einstufen. Das Gift tötet so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen und damit auch Nahrung für Vögel und Insekten. Deshalb gilt es Umweltschützern als Gefahr für die Artenvielfalt.

Nun soll ein Berufungsausschuss der EU-Länder im November über den Vorschlag der Europäischen Kommission entscheiden. Dann braucht es wieder eine qualifizierte Mehrheit von 55 Prozent der EU-Mitgliedstaaten, auf die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung entfallen, um die Zulassung zu genehmigen – oder um sie endgültig abzulehnen. Wenn sich die EU-Staaten nicht einig werden, behält die Kommission das letzte Wort. Sie muss dann bis zum 14. Dezember entscheiden. Am 15. Dezember läuft die aktuell gültige Genehmigung für Glyphosat aus.
Bayer hofft weiter auf genügend Unterstützung

Bayer erklärte, der Konzern bleibe zuversichtlich, „dass im nächsten Schritt des Genehmigungsprozesses genügend weitere Mitgliedsstaaten die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat unterstützen werden“. Das Unternehmen sei weiter von der Sicherheit des Mittels überzeugt. Die Grünen im Europäischen Parlament werteten die Abstimmung dagegen als Etappensieg auf dem Weg zu einem Verbot.

Ihr agrarpolitischer Sprecher, Martin Häusling, räumte jedoch im Gespräch mit der taz ein, dass es im Berufungsausschuss wohl ebenfalls keine qualifizierte Mehrheit gegen die Zulassung geben werde. Die EU-Kommission werde dann die Erlaubnis allein in Kraft setzen.

Über die deutsche Enthaltung sagte er: „Ich bedauere das“. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) habe sich klar gegen den Vorschlag der EU-Kommission ausgesprochen, aber der Koalitionspartner FDP habe quergeschossen. Wenn sich die Regierung nicht einig ist, muss sie sich nach ihrer Geschäftsordnung enthalten.

Grünen-Abgeordneter: „FDP geht mir gewaltig auf den Senkel“

„Wir haben es klar in den Koalitionsvertrag geschrieben“, ergänzte Häusling, der selbst an den damaligen Verhandlungen zwischen den Ampelparteien beteiligt war. „Da gibt es eigentlich keine Diskussion.“ Im Vertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Wir nehmen Glyphosat bis 2023 vom Markt.“ Nun sagt der Abgeordnete: „Die FDP geht mir langsam gewaltig auf den Senkel. Es reicht mir langsam.“

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), kritisierte nicht nur die FDP, sondern auch die Sozialdemokraten: „Wir sind über das Schweigen der SPD zu diesem wichtigen Verbraucherschutz- und Umweltthema enttäuscht.“ Die Umweltorganisation WWF teilte über das deutsche Abstimmungsverhalten mit: „Das ist eine Enthaltung gegen den Koalitionsvertrag, gegen die Menschen und gegen die Natur.“

Video

Führerschein für Einkaufswagen

Der Podcast zur Buchkomplizen-Kolumne von Florian Schwinn

FFE40 - Zukunft Landwirtschaft in Europa

FFE40 - Zukunft Landwirtschaft in Europa

https://www.podcast.de/episode/677467099/ffe40-zukunft-landwirtschaft-in-europa

Hat die Landwirtschaft eine Zukunft in Europa? Wird sie
eigenständig sein und Ernährungssicherheit liefern - regional und
fair? Eher nicht ...

Video Wald Tagung Die Dokumentation zur 3. Wald-Tagung in Bad Zwesten.

Dem Wald geht es schlecht und schlechter, gut sichtbar auch bei uns in Hessen. Er leidet unter dem Klimawandel, dem Borkenkäfer oder schädlichen Pilzen, wurde nun sogar selbst vom Klimaretter zum Klimaschädling, weil er mehr Kohlendioxid abgibt, als er aufnimmt. So lautet die amtliche Diagnose des aktuellen Waldschadensberichtes, den manche als Konkursbericht des Waldes bezeichnen. Und damit steht mehr auf dem Spiel, als manche wissen. Anlass für den Grünen Europa-Abgeordneten Martin Häusling, erneut zur nunmehr dritten Waldtagung ins Kurhaus nach Bad Zwesten einzuladen und nach Lösungen zu suchen, die den Wald wieder gesund machen und diesem Lebensraum, seinen Tieren und Pflanzen und damit auch uns Menschen nutzen. Fast 200 Wissenschaftler, Praktiker und Waldbesitzer und Gäste aus ganz Deutschland folgten seinem Ruf und diskutierten am Freitag im vollbesetzten Kurhaus, was zur Rettung des Waldes getan werden kann und muss.

Pressemitteilungen