- 15. Februar 2023
- 08. Februar 2023
Carbon Farming – gute Idee oder Greenwashing?
Am 7. Februar 2023 fand die Veranstaltung zu „Carbon Farming – neues Potential für Landwirte oder Greenwashing“ in Brüssel statt.
Zur Aufzeichnung des Livestream auf YouTube:
- English: https://youtu.be/5DVL73DinU0
- Deutsch: https://youtu.be/5DVL73DinU0
Martin Häusling kommentierte in der Pressemitteilung dazu wie folgt:
„ ‚Carbon Farming´heißt das neue Schlagwort, das in der EU-Kommission sowie Europas Landwirtschaftsministerien und –kammern und in vielen Projekten heiß diskutiert wird. Die Maßnahmen sollen zu dem Ziel der EU beitragen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Die EU-Kommission bewirbt mit ihrer „Carbon-Farming-Strategie“ in diesem Zusammenhang auch CO2-Zertifikate für die Landwirtschaft.
Aus meiner Sicht ist das nicht zielführend. Beim Thema Humus und Böden müssen Bodenfruchtbarkeit und Ökosystemleistungen sowie eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel – also Klimaanpassung - im Vordergrund stehen und nicht CO2-Speicherung, Zertifikatehandel und Kohlenstofflagerstätten. Abgesehen vom ausgesprochen sinnvollen Moorschutz beinhaltet die Speicherung von C in mineralischen Böden kaum relevante Klimaschutzleistungen. Die Ökonomisierung dieses herausgenommenen Faktors im landwirtschaftlichen Ökosystem berücksichtigt den Schutz der Ökosystemleistungen nicht ausreichend und verleitet zu einseitigen Maßnahmen.
Was kaum thematisiert wird, aber Fakt ist: Der größte Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel entsteht durch die Herstellung und Ausbringung von synthetischem Stickstoffdünger. Würde man die Verwendung von Mineraldünger zugunsten hochwertigen organischen Düngers zurückfahren, wäre mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Treibhausgase schon eingespart und gleichzeitig Humus aufgebaut. Eine andere große Stellschraube ist der Abbau der Tierzahlen, die Bindung der Tierhaltung an die Fläche und die Förderung der Weidehaltung. Diese trägt aufgrund des unter Grünland gespeicherten Humus‘ besonders zum Klimaschutz bei. Abgesehen von Böden in Permafrostgebieten enthalten Moore und Grasland den größten Teil des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs. Diese Biome zu schützen, muss daher Priorität haben. Die Wiedervernässung von Mooren beinhaltet einen ungleich größeren Beitrag zum Klimaschutz als der Humusaufbau.
Eine pure Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes im Boden ist nicht grundsätzlich gleichzusetzen mit einem nachhaltigen Landwirtschaftsmodell und dem Aufbau von qualitativ hochwertigem Humus. Es können auch Maßnahmen ergriffen werden, die sich nachteilig auf Böden auswirken oder potentiell Schadstoffe in Böden einbringen können, wie beispielsweise mit Pyrolysekohle/Biochar bei deren Herstellung technisch bedingt krebserregende Schadstoffe entstehen. Eine solch verengte Fokussierung auf angebliche Klimaschutzaspekte in der Landwirtschaft kann anderen Umweltmedien daher sogar schaden.
In den Berechnungen des THG-Einsparpotentials in der Landwirtschaft müssen generell die Emissionen durch Mineraldüngerproduktion und –einsatz sowie die negativen Emissionen durch Weidehaltung deutlich differenzierter berücksichtigt werden. Humusaufbauprogramme sind europaweit sinnvoll zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit und zur Klimaanpassung in der Landwirtschaft. Sie dürfen jedoch nicht in erster Linie der quantitativen C-Speicherung dienen oder der Förderung und dem Schutz der Bodenbiodiversität entgegenstehen. Humusfördernde Techniken, wie Zwischenfrucht- und Mischfruchtanbau, Gründüngung, Permakultur und Agroforst sind als Maßnahmen mit vielen Synergien zu fördern.“
Konferenzprogramm "Carbon Farming - Neues Potenzial für Landwirte oder Greenwashing?" am 7. Feb. 2023
in der Vertretung des Landes Hessen 1000, Rue Montoyer 21, 1000 Brüssel und per Webstreaming
Präsentationen von:
Dr. Axel Don, Thünen Institut: Carbon farming – New potential for farmers or greenwashing?
Christian Holzleitner, Generaldirektion Klima der EU-Kommission, Kommissionsvorschlag zur Kohlenstoffbewirtschaftung: Keynote Framework for the voluntary certification of carbon removals in the EU
Dr. Axel Michaelowa, Forschungsleiter Internationale Klimapolitik, Universität Zürich: Aktueller Stand des Carbon Farming
Ben Liliston, IATP-Direktor für ländliche Strategien und Klimawandel, Minneapolis (Video)
Die Veranstaltung fand in englischer Sprache statt, mit Verdolmetschung in Deutsch und Französisch.
Zur Aufzeichnung des Livestream auf YouTube:
- English: https://youtu.be/5DVL73DinU0
- Deutsch: https://youtu.be/5DVL73DinU0
- Français: https://youtu.be/YZXRjJzzxw8
Weitere Informationen:
Briefing zu Carbon Removals und CO2 Zertifizierung
Positionspapier zu CO2-Zertifikaten und Kohlenstoffspeicherung in Böden
- 17. November 2021
EU-Bodenschutzstrategie dringend notwendig!
Pressemitteilung
Anlässlich der am 17.11.21 von der EU-Kommission vorgestellten Bodenschutzstrategie, erklärt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:
„In der heute vorgestellten Bodenschutzstrategie für einen EU-weiten Rahmen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung des Bodens spricht die EU-Kommission die verschiedenen Bedrohungen des Bodens an und bedauert, dass es nach wie vor keinen EU-weiten Schutzrahmen für Böden gibt. Sie kündigt an, bis 2023 einen Legislativvorschlag zur Bodengesundheit zu erarbeiten, das begrüße ich ausdrücklich. Erst in diesem Frühjahr hatte das Europäische Parlament in einer Resolution einen verbindlichen Legislativvorschlag zum Schutz des Bodens gefordert, allerdings ohne die Stimmen der Konservativen. Seit Anfang der 2000 er Jahre verhindert eine konservative Allianz, stark gesteuert von der Agrarlobby eine EU-weite Gesetzgebung zum Schutz der Böden, das entbehrt jeder Vernunft, war schon damals ein Fehler und ist bezogen auf die Herausforderungen der Zeit und die Ziele des Green Deal völlig unzeitgemäß.
Ich hoffe, dass die Kommission in ihrem Legislativvorschlag dann auch sinnvolle Ansätze erarbeitet, die Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auch in Übereinstimmung mit dem Boden- und Wasserschutz sowie mit der Biodiversitätsstrategie bringt, denn hier besteht großer Nachholbedarf.
Im Bereich Landwirtschaft schützt nicht einmal das deutsche Bundes-Bodenschutzgesetz die Funktionen des Bodens ausreichend. Es verhindert weder die Kontamination mit Agrarchemikalien noch den Humusschwund oder die Verdichtung von Böden, denn der § 17 bezieht sich hier nur auf die „gute fachliche Praxis“ und die ist nicht weiter definiert. Auch die aktuelle Agrarreform hat es wieder nicht geschafft, verbindliche wirksame Regelungen zum Bodenschutz in die Auflagen der Konditionalität für einen „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (GLÖZ) zum Erhalt von Direktzahlungen zu integrieren. Deshalb brauchen wir umso dringender ein europäisches Regelwerk, das dem Bodenschutz die gleiche Aufmerksamkeit und Schutzposition beschert, wie dem Schutz von Luft und Wasser!“
Weitere Infos zum Bodenschutz:
Resolution des EP zum Bodenschutz
Studie im Auftrag der Greens/EFA zum Zustand der Böden in Europas Landwirtschaft
Positionspapier Martin Häusling „Lebendige Böden statt Kohlenstofflagerstätten“
Positionspapier Martin Häusling „Glyphosat ist kein Bodenschutzmittel“
- 24. November 2020
Positionspapier LEBENDIGE BÖDEN STATT KOHLENSTOFFLAGERSTÄTTEN!
LEBENDIGE BÖDEN STATT KOHLENSTOFFLAGERSTÄTTEN!
Positionspapier zu CO2-Zertifikaten und Kohlenstoffspeicherung in Böden
„Carbon farming“ heißt das neue Schlagwort, das in der EU-Kommission sowie Europas Landwirtschaftsministerien und - kammern und in vielen Projekten heiß diskutiert wird. Mit der Verabschiedung der Verordnung zur Anrechnung der Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) 2017 sollten diese Sektoren in den neuen Rahmen für die Energie-und Klimapolitik der EU für den Zeitraum 2012-2030 einbezogen werden. Die Farm to Fork Strategie der EU-Kommission befürwortet in diesem Zusammenhang auch CO2-Zertifikate für die Landwirtschaft.
Aus meiner Sicht ist das nicht zielführend, ja unter Umständen kontraproduktiv. Beim Thema Humus und Böden müssen Bodenfruchtbarkeit und Ökosystemleistungen sowie eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel im Vordergrund stehen und nicht CO2-Speicherung, Zertifikatehandel und Kohlenstofflagerstätten. Die Ökonomisierung dieses herausgenommenen Faktors im landwirtschaftlichen Ökosystem berücksichtigt den Schutz der Ökosystemleistungen nicht ausreichend und verleitet zu einseitigen Maßnahmen.
Mehre lesen in
Studie "Down to earth - Zum Zustand der Böden in Europas Landwirtschaft“
- 19. April 2017
Martin Häusling unterstützt die Europäische Bürgerinitiative "people4soil"
Jede Minute die vergeht wird der Boden erstickt, verseucht, ausgenutzt, vergiftet, misshandelt, verbraucht.
In Europa gibt es noch kein Gesetz, das den Boden verteidigt.
Den Boden mit Gesetzen zu schützen ist der erste Weg, Menschen, Pflanzen, Tiere zu schützen.Ohne einen gesunden und lebendigen Boden gibt es keine Zukunft. Ein gesunder und lebendiger Boden schützt uns vor Umweltkatastrophen, Klimawandel, Giften auf unserem Teller.
Über 400 Vereinigungen haben sich in der Koalition People4Soil vereint, die von der EU besondere Normen fordert um den Boden zu schützen, einem für das Leben so essentiellen Gut wie das Wasser und wie die Luft.
RETTET DEN BODEN MIT EURER UNTERSCHRIFT
Die Europäische Bürgerinitiative wurde angenommen und Sie können unterzeichnen bis 12.09.2017 unter
http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/open/details/2016/000002
Links: https://www.people4soil.eu/de
soil report: http://greens-efa-service.eu/whysoilsmatters/
- 06. Juni 2016
Positionspapier zur Diskussion über Alternativen zu Glyphosat und dem Mythos Bodenschutz
Aus gegebenem Anlass möchte ich Euch/Ihnen hiermit mein Positionspapier zur Diskussion über Alternativen zu Glyphosat, den Kosten und den vermehrt kursierenden angeblichen "Rückschlägen" bei der bodenschonenden Bodenbewirtschaftung zusenden.
Weiter zum Positionspapier: Glyphosat und der Mythos Bodenschutz
- 30. Oktober 2015
HNA-Interview: „Wir haben einen Kampf um Flächen“
Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum Jahr des Bodens erklärt. Jeden Tag sollen in Hessen dreieinhalb Fußballfelder unter Beton verschwinden. Ein HNA - Interview aus Anlass des Weltbodentages: Europaabgeordneter Häusling kritisiert zunehmende Betonierung von Land