Grüne Europagruppe Grüne EFA

Autor: Thomas A. Friedrich vom 14. Feb 2019

Quelle: https://www.topagrar.com/acker/news/bis-2020-weniger-pflanzenschutzmittel-und-mehr-transparenz-10341949.html

 

Die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitten und die Offenlegung von Industriestudien schon bei der Antragsstellung liegt der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament gleichermaßen am Herzen. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, Forschung für eine nachhaltige Landwirtschaft zu verstärken. Ende 2019 wird über Glyphosat neu entschieden.

Die Forderungen einer nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und mehr Öffentlichkeit bei den Genehmigungsverfahren durch die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa sind die Konsequenz der mit einer Million Unterschriften angestrengten Europäischen Bürgerinitiative „Stoppt Glyphosat“. Am Dienstag einigten sich die drei EU-Gesetzgeber Parlament, Ministerrat und Kommission im nächtlichen Trilog auf neue Transparenzkriterien. Künftig müssen Antragsteller ihre Industriestudien schon zu Beginn eines Genehmigungsverfahrens öffentlich zugänglich machen. EU-Gremien müssen Sitzungsprotokolle über Entscheidungen offenlegen.

„Der öffentliche Druck macht mehr Transparenz zum Gesetz. Die Europäische Bürgerinitiative und das Engagement von über einer Million Menschen haben erreicht, dass endlich Licht in die Dunkelkammer der Zulassung von Pestiziden kommt, Studien veröffentlicht und Geheimstudien nicht zum Geschäftsgeheimnis erklärt werden dürfen“, erklärte der Koordinator für Agrarpolitik der Grünen und Berichterstatter im EU-Parlament, Martin Häusling, am Dienstag in Brüssel.

Ebenfalls am Dienstag beschloss das Plenum des Europäische Parlaments in Straßburg neue Vorschläge zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in der europäischen Landwirtschaft. Die Debatte um Glyphosat und die Verschleierung von Risiken für die menschliche Gesundheit und Umwelt durch den Antragsteller Monsanto hatten in der Öffentlichkeit für Aufregung gesorgt.

"Wir haben den Ruf nach mehr Transparenz verstanden", erklärte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis mit Blick auf die Forderungen der europäischen Bürgerinitiative gegen die Wiederzulassung von Glyphosat. Studien müssten nun zu einem frühen Zeitpunkt im Zulassungsprozess veröffentlicht werden, betonte Andriukaitis.

Teufelskreis durchbrechen

„Die derzeitige Abhängigkeit von Pestiziden als vorrangigem Mittel zur Bekämpfung von Schädlingen ist eindeutig nicht mit der nachhaltigen Landwirtschaft vereinbar, da die regelmäßige Verwendung von Pestiziden über einen längeren Zeitraum die Entstehung von Resistenzen bei Schädlingen bewirkt. So werden auch Nützlinge, die wichtig sind, um Schädlingsbefall vorzubeugen, vernichtet und es kommt häufig zu einem Befall mit Sekundärschädlingen. Beides führt dazu, dass noch mehr Pestizide eingesetzt werden, wodurch ein Teufelskreis entsteht“, heißt es im EP-Bericht. Dieser Befund hat das EU-Parlament veranlasst, in seiner Februarsitzung in Straßburg mit großer Mehrheit die EU-Kommission aufzufordern, stärker die Einhaltung der nationalen Aktionspläne für einen nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu überwachen.

Diese Einschätzung des EP-Umweltausschusses teilte die Mehrheit des EU-Parlaments bei der Abstimmung am Dienstag. Die Mitgliedstaaten hätten bei der Umsetzung der im Jahr 2012 gefassten „EU-Rechtsvorschrift über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden“ keine wirklichen Fortschritte gemacht. Es sei kaum etwas getan worden, um Forschung, Entwicklung und Einführung risikoarmer und nicht-chemischer Alternativen zu fördern. Eine wissenschaftliche Studie über die Fluginsektenbiomasse vom Oktober 2017 hatte gezeigt – führt das EP an- , dass die Insektenpopulationen in 63 deutschen Naturschutzgebieten während 27 Jahren um mehr als 75 Prozent gesunken sei,

Melior: „Geringeren Pestizideinsatz belohnen“

Am ambitioniertesten geht Frankreich voran bescheinigt der EP-Report. Paris habe entschieden, bis 2020 den Pflanzenschutzmitteleinsatz um 25 Prozent zu reduzieren. Auch die Reduktions-Bemühungen in Deutschland, Dänemark und in den Niederlanden werden anerkannt.

„Unser Leitgedanke ist: Weniger ist mehr. Pestizide müssen sorgfältig und nicht im Gießkannen-Verfahren eingesetzt werden. In der konventionellen Landwirtschaft werden diese Chemikalien noch immer zu häufig verwendet. Das hat langfristig negative Auswirkungen auf den Boden und das Wasser“, sagte die SPD-Europaabgeordnete Susanne Melior nach der Abstimmung. Im Rahmen der europäischen Agrarsubventionen müssten Anreize geschaffen werden, die einen geringen Pestizideinsatz belohnen, forderte Melior.

Schon Ende 2019 wird erneut mit den EU-Institutionen über die Verlängerung des Glyphosat-Wirkstoffes in der Landwirtschaft verhandelt. „Die Glyphosat-Lobby muss sich vor der Entscheidung über eine verlängerte Zulassung im Jahr 2022 warm anziehen“, kündigte der Grünenpolitiker Martin Häusling an.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

Pressemitteilungen