Grüne Europagruppe Grüne EFA

Die Erzeugerpreise für Milch gehen aktuell wieder in den Keller. Für milcherzeugende Betriebe bleibt es schwierig, die Kosten zu decken und Gewinn zu erwirtschaften. Aus diesem Anlass fand am Freitag 21.04.23 im Bayerischen Landtag ein von den Grünen im Landtag ausgerichteter Milchgipfel statt, auf dem auch die Münchener Milchmarkt-Erklärung vorgestellt wurde. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss nahm als Keynote Redner teil. Er kommentiert:230421 VA Milchgipfel

„Die Milchpreise sind erneut auf Talfahrt. Manche Milchbauern und -bäuerinnen arbeiten schon unter Preis und werden deshalb aufgeben müssen. Seit 2008 jagt eine Milchkrise die nächste, einen funktionierenden Markt gab es eigentlich nie. Während man in Europa immer noch auf die Menge setzt, spielt die Nachhaltigkeit der Produktion nach wie vor eine zu geringe Rolle.

Milchbetriebe sind wichtig für den Erhalt von Grünland, das ist aktiver Klimaschutz, allerdings nur mit der richtigen Haltung: Auf der Weide.

Zunächst einmal müssen wir aber die Preise stabilisieren. In der Münchener Milchmarkt-Erklärung spreche ich mich deshalb mit den Grünen im Bayerischen Landtag, dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM, der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft AbL und dem BUND Naturschutz dafür aus, in Krisenzeiten eine Mengenreduzierung durch freiwilligen Lieferverzicht zu aktivieren. Finanziert werden kann das durch den EU-Krisenfonds mit entsprechenden Ausgleichszahlungen.

Längerfristig müssen wir die Milchmarktbeobachtungsstelle ausbauen. Wir brauchen ein Frühwarnsystem und Marktmanagement in Eigenverantwortung - unabhängig von Molkerei-Interessen. Ein freiwilliger Lieferverzicht muss zukünftig vorausschauend aktiviert werden, bevor es zur Krise kommt, so vermeiden wir Härten für Betriebe und das Verbrennen von Steuergeldern!“

 

Ludwig Hartmann, MdL, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag: „Zu viel Milch am Markt lässt die Milchpreise fallen. Zusammen mit den Teuerungen der vergangenen Monate bringt ein zu hoher Kostendruck die bayerischen Milchviehbetriebe in Bedrängnis. Nun ist die EU-Kommission aufgerufen, aktiv zu werden. Aber langfristig sollten mehr Marktbeobachtung und ein transparenterer Wettbewerb dazu führen, dass sich Angebot und Nachfrage zukünftig die Waage halten - möglichst ohne staatliches Eingreifen. Dabei unterstützen wir den BDM.“

Gisela Sengl, MdL, Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen im Bayerischen Landtag: „Bayern ist das Milchland Nummer eins. Für unsere Milchbäuerinnen und Milchbauern wollen wir langfristig faire Preise. Deshalb setzen wir uns dafür ein, in Krisenzeiten eine Mengenreduzierung gegen Ausgleichszahlungen zu aktivieren. Dieses Instrument hat schon in der Milchkrise 2015/ 2016 dabei geholfen, die Krise zu beruhigen. Wir sollten aber auch die Fördermaßnahmen ausbauen, die geeignet sind, die Tierzahlen an die vorhandene Fläche anzupassen und vor allem wollen wir die Weidehaltung massiv fördern, hier besteht in Bayern noch viel Potential.“

Manfred Gilch, Vorstandsmitglied im Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V.: „Alle bisherigen Marktkrisen haben eines gezeigt: Erst wenn sich wieder ein Marktgleichgewicht einstellt, geht es wieder aufwärts mit den Milcherzeugerpreisen. Wenn jetzt nicht gehandelt wird und ein freiwilliger Lieferverzicht auf europäischer Ebene freigeschaltet wird, wird es wieder zu sehr großen Verlusten für die Milchviehbetriebe und damit auch für die ländlichen Räume kommen. Eine weitere Hofaufgabe-Welle droht, wenn jetzt der Ernst der Marktlage verkannt wird und das wird zu tiefgreifenden Veränderungen der Agrarstruktur nicht nur in Bayern führen.“

Münchner Milchmarkt-Erklärung

 

Foto: „Milchgipfel“ im Bayerischen Landtag mit (v.l.) MEP Martin Häusling (agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA), MdL Gisela Sengl (Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen Landtagsfraktion), MdL Ludwig Hartmann (Fraktionsvorsitzender der Grünen Landtagsfraktion), Manfred Gilch (Vorstandsmitglied BDM), Hans Foldenauer (Vorstandssprecher BDM), Johann Leis (Landesvorsitzender BDM Bayern)
(Foto: Die Grünen im Bayerischen Landtag/Lukas Barth)

 

 

Münchner Milchmarkt-Erklärung

Foto: „Milchgipfel“ im Bayerischen Landtag mit (v.l.) MEP Martin Häusling (agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA), MdL Gisela Sengl (Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen Landtagsfraktion), MdL Ludwig Hartmann (Fraktionsvorsitzender der Grünen Landtagsfraktion), Manfred Gilch (Vorstandsmitglied BDM), Hans Foldenauer (Vorstandssprecher BDM), Johann Leis (Landesvorsitzender BDM Bayern)
(Foto: Die Grünen im Bayerischen Landtag/Lukas Barth)

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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