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euractiv.de
Die Fehlentwicklungen der bisherigen EU-Agrarkraftstoffpolitik sollen mit einem neuen Fokus auf Nachhaltigkeit korrigiert werden. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments plädiert für eine Deckelung konventioneller Biokraftstoffe (Rapsöl, Palmöl) und für Anreize für die Markteinführung neuer Biokraftstoffe aus Abfällen, Algen und Bakterien.

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat am Donnerstag (11. Juli) über die neuen EU-Regeln für Biokraftstoffe abgestimmt. Die Kommission hatte ihre Vorschläge im Oktober 2012 vorgelegt, um bisherige Fehlentwicklungen (Konkurrenz von Nahrungsmittel- und Biokraftstofferzeugung, Landnutzungsänderungen, negative Klimabilanz) zu korrigieren.

Der Umweltausschuss hat nun dafür votiert, die Verwendung konventioneller Biokraftstoffe auf 5,5 Prozent des Anteils erneuerbarer Energien im Verkehrssektor zu beschränken. Auch sollen die negativen Klimafolgen durch indirekte Landnutzungsänderungen (indirect land-use change, ILUC) durch die Biospritproduktion ab 2020 in die EU Richtlinie zur Kraftstoffqualität ab 2020 einbezogen werden.


Reaktionen
Jo Leinen (SPD): "Die Begrenzung der konventionellen Biokraftstoffe auf 5,5 Prozent soll helfen, diese Konflikte zu lösen: Wir beenden die Flächenkonkurrenz von Nahrungsmitteln und Treibstoffen und dadurch sinken die Treibhausgasemissionen. Zudem fördern wir so die Nutzung wirklich klimafreundlicher Biokraftstoffe der zweiten Generation. [...] Es gibt zahlreiche Alternativen, um unser Ziel zu erreichen, zehn Prozent Erneuerbare Energien im Transportsektor zu verwenden. Wir müssen nun verstärkt in Elektromobilität sowie nachhaltige Biokraftstoffe investieren."

Martin Häusling (Grüne): "Endlich hat die Einsicht obsiegt, dass es einen unheilvollen Zusammenhang zwischen der Erzeugung von Nahrungsmitteln und der Kraftstofferzeugung aus Palmöl, Raps oder Sojaöl gibt. Das alte Ziel, den Anteil bis 2020 auf zehn Prozent zu steigern, ist gekippt worden. Man kann nun darüber streiten, ob die neue Marge von 5,5 Prozent auch bereits zu hoch angesetzt ist. Wichtig aber ist, dass die frühere, viel zu hohe Vorgabe gestrichen und damit endlich der Tank-Teller-Konflikt von allen Parteien klar benannt wird."

Rebecca Harms (Grüne): "Die Begrenzung der Nutzung von Kraftstoffen aus Ackerpflanzen auf 5,5 Prozent ist ein Schritt in die richtige Richtung. Grundsätzlich sollte die Verwendung von Nahrungsmittelpflanzen für die Biokraftstoffgewinnung jedoch komplett vermieden werden. Der Umweltausschuss hat den Kommissionsvorschlag dahingehend verbessert, dass die Treibhausgasemissionen durch indirekte Landnutzungsänderung in die Berechnung der Treibhausgasemissionen in der Kraftstoffqualitätsrichtlinie einbezogen werden sollen. So können Investitionen in nachhaltigere Lösungen gesteuert werden. Dass ILUC-Faktoren in Zukunft auch in die Nachhaltigkeitskriterien zur Errechnung der CO2-Einsparung durch die jeweiligen Kraftstoffe mit einbezogen werden sollen, ist ebenfalls zu begrüßen."

Marita Wiggerthale (Oxfam Deutschland): "Auch nach der Entscheidung bleibt Biosprit ein Hungertreiber. Aber ein Worst-Case-Szenario konnte abgewendet werden, trotz des massiven Drucks der Biosprit- und Agrarlobby. Jetzt ist wichtig, dass das Parlament als Ganzes im September dafür stimmt, dass nicht noch mehr Essen in den Tank wandert. Angesichts von 900 Millionen Hungernden müsste die Förderung von Biosprit eigentlich komplett beendet werden."

Jenny Walther-Thoß (WWF): "Biosprit, so wie er heute hergestellt wird, muss an Europas Tankstellen ausgelistet werden. Ohne Biokraftstoffe wird der Verkehrssektor jedoch beim Klimaschutz seine Ziele verfehlen. Der Ausschuss hat durch die Deckelung des Einsatzes von landnutzungsbasierten Kraftstoffen den ersten grundsätzlichen Entschluss für mehr Nachhaltigkeit gefasst.

Johannes Erhard (WWF): "Die EU sorgt jetzt hoffentlich dafür, dass besonders problematische Biokraftstoffe zugunsten innovativer Alternativen ausgebremst werden. Nur so schaffen wir die Klimaziele im Verkehr." Der Vorschlag des Umweltausschusses bietet laut WWF jedoch noch einige Schlupflöcher, die die Erreichung des Klimaziels im Verkehrsbereich von zehn Prozent erneuerbarer Energie gefährdeten. So reiche es zum Beispiel aus, wenn Mitgliedsstaaten das allgemeine EU-Klimaschutzziel von 20 Prozent erneuerbarer Energien erreichten, ohne ihre Auflagen im Verkehrsbereich erfüllen zu müssen. Außerdem würden fortschrittliche Biokraftstoffe, z.B. aus Abfällen und Algen, mehrfach bei der Zielerreichung angerechnet. Was als Förderung für innovative Kraftstoffe gedacht sei, führe de facto zu einer Verwässerung des zehn Prozent-Ziels.

mka