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Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum Jahr des Bodens erklärt. Jeden Tag sollen in Hessen dreieinhalb Fußballfelder unter Beton verschwinden. Ein HNA - Interview aus Anlass des Weltbodentages: Europaabgeordneter Häusling kritisiert zunehmende Betonierung von Land Kassel. Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2015 zum Jahr des Bodens erklärt. Jeden Tag sollen in Hessen dreieinhalb Fußballfelder unter Beton verschwinden. Wir sprachen mit Martin Häusling, Europaabgeordneter der Grünen und Biolandwirt aus dem Schwalm-Eder-Kreis.

Herr Häusling. Welche Auswirkungen hat der Landverlust?

Martin Häusling: Er bedeutet mit Blick auf die Nahrungsmittelproduktion, dass der Druck auf die anderen Flächen wächst. Europa produziert schon jetzt nicht genug Lebensmittel, um die Menschen zu versorgen. Das liegt auch am Fleischkonsum. Wir müssen deshalb viel Futter anbauen, um die Tiere zu versorgen. Am Ende verlagern wir unsere Probleme auf andere Teile der Welt, weil wir von dort importieren müssen. Es gibt aber noch weitere Probleme.

Sie meinen Biokraftstoffe?

Häusling: Ja. Neben den größeren Flächen, die wir zur Versorgung der Tiere brauchen, kommt die gewachsene Nachfrage nach Bio-Treibstoffen. Diese nehmen allein 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ein. Das erhöht nochmal den Druck, so dass für Lebensmittelproduktion immer weniger Fläche bleibt.

Wie genau ist das vor unserer Haustür in Hessen spürbar?

Häusling: Wir haben derzeit schon einen enormen Kampf um Fläche: Das heißt für Landwirte, dass die Preise für Pacht stark steigen. Das gilt natürlich auch, wenn man Land kaufen möchte. Das haben sich die Preise in den letzten Jahren fast verdoppelt.

Gleichzeitig sind die Preise für Produkte aus der Landwirtschaft aber nicht gestiegen. Konkret heißt das: Vor 20 Jahren konnte ein Bauer mit 40 Kühen überleben, heute braucht er 100. Die fressen doppelt so viel, also braucht der Landwirt doppelt so viel Fläche. Doch die ist nicht da, weil viele darum konkurrieren. Zum Beispiel Kommunen, die Gewerbegebiete erschließen wollen, um Geld zu verdienen.

Wofür geht die meiste Fläche verloren?

Häusling: Da müssen Sie nur in die Region schauen. Der jetzt gebaute Bereich der A49 von Neuental bis Schwalmstadt kostet allein 300 Hektar. Das sind gut sechs Familienbetriebe, die dort gut leben konnten auf der Fläche.

Was schlagen Sie vor, um diese Situation zu verändern?

Häusling: In Deutschland verschwinden seit 30 Jahren jeden Tag rund 100 Hektar Land. Diese werden zubetoniert. Überspitzt gesagt: In 100 Jahren haben wir es geschafft und alles ist betoniert. Es gibt verschiedene Ansätze, das zu ändern: Einer ist, innerstädtische Bracheflächen zu nutzen, anstatt Gewerbegebiete auf Ackerflächen zu erschließen. Es gibt genug Leerstand. Das wird aber nicht gemacht. Ein anderer Ansatz ist, dass für die Versiegelung von Böden eine Abgabe gezahlt wird, die richtig wehtut. Damit dieser wieder mehr geschätzt wird und damit Unternehmen auf Flächen gehen, die nicht im besten Ackerbaugebiet liegen. • Hinweis: Heute wird zu diesem Thema die Dokumentation „Landraub“ ab 17 Uhr im Kasseler Bali-Kino gezeigt. Regisseur Kurt Langbein hat mit Autor Christian Brüser die Welt bereist, um die Folgen zu dokumentieren. Danach gibt es eine Diskussion mit Nicole Maisch, Bundestagsabgeordnete der Grünen, Martin Häusling und Dr. Theo Rathgeber, Politikwissenschaftler der Uni Kassel, Eintritt: ab 7,50 Euro.