Grüne Europagruppe Grüne EFA

Faire Einkommen für die Landwirtschaft - Spekulationen im Lebensmittelhandel beenden

Martin Häusling zum Initiativberichtes des Berichterstatters José Bové "Gerechte Einnahmen für Landwirte: Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern" (Berichtsnummer des Ausschusses: A7-0225/2010, Initiativbericht vom 24.8.2010):

 

"Der Bericht ist rechtzeitig vor den Vorschlägen der Kommission zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt worden, so dass der Ausschuss der Kommission ihren Standpunkt in wesentlichen Punkten verdeutlicht hat. Wir Europagrünen/EFA werden die benannten Forderungen mit Nachdruck aufrechterhalten. Skandalöse Marktmissbräuche müssen im Sinne der Verbraucher und Erzeuger strikt unterbunden werden. Und die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik muss Nachhaltigkeit voll in den Fokus stellen. Subventionen eine Landwirtschaft, die auf Masse und nicht auf Qualität und Nachhaltigkeit setzt, darf es nicht mehr geben."

Hintergrund:
Mit seinem Bericht zu Fairen Einkommen für die Landwirtschaft fordert der Berichterstatter von Grüne/EFA, José Bové, dass sich die EU gegen Konzentrationsprozesse und Spekulationen im Lebensmittelhandel einsetzt.
Hintergrund für den Initiativbericht ist eine Mitteilung der Kommission (COM (2009) 591). In ihrer Mitteilung weißt die Kommission auf erhebliche Probleme im Bereich der Lebensmittelversorgungskette hin. Sowohl die Agrarrohstoffpreise als auch die Verbraucherpreise sind großen Preisschwankungen unterlegen.
Beispielsweise kletterten die Agrarrohstoffpreise in den vergangen Jahren stark in die Höhe, fielen danach aber teilweise unter das ursprüngliche Preisniveau. Die Verbraucherpreise stiegen ebenfalls, jedoch setzte bei ihnen sehr viel später eine Preissenkung ein.
Verbraucher der Europäischen Union geben im Schnitt etwa 16 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Bei Menschen mit geringen Einkommen ist der Anteil der Lebensmittelausgaben sogar erheblich höher, für sie können hohe Lebensmittelpreise zu existenziellen Problemen führen.
Aktuell zeigt sich der Marktmissbrauch in der Lebensmittelkette durch Preissteigerungen, vor allem bei Weizen, was für die armen Länder der Erde Hunger und Unruhen bedeutet. Aber auch für Landwirte sind die extremen Preisschwankungen teilsweise existenzbedrohend.

In ihrer Mitteilung benennt die Kommission einzelne Schwachstellen wie die geringe Anzahl der in der Marktkette agierenden Einzelhändler. Sie sieht, dass diese Marktmacht dazu beisteuert, dass Verarbeiter und Einzelhandel einen großen Teil der Preissteigerungen absorbieren. Als Resümee empfiehlt die Kommission aber lediglich weitere Marktbeobachtungen.

Der im Ausschuss angenommene Bericht von José Bové wird konkret und macht gezielte und richtige Vorschläge zu Marktkorrekturen.
Im Wesentlichen sind folgende Punkte zu benennen:

Bessere Preistransparenz:
Eine größere Preistransparenz für Lebensmittel ist wichtig. Daher fordert der Ausschuss die Kommission auf dafür Sorge zu tragen, dass ein besserer Preisvergleich an jedem Punkt der Lebensmittelversorgungskette, auch zwischen den Mitgliedsländern, möglich ist. So kann dem Anliegen von Verbrauchern und Landwirten nach mehr Transparenz Rechnung getragen werden. In einigen Ländern streichen gerade die weiterverarbeitenden Betriebe in der Lebensmittelkette die größten Gewinne ein.

Wettbewerb:
Die nationalen und europäischen Wettbewerbsbehörden müssen ihre Funktion wahrnehmen und hart gegen die mar
ktbeherrschende Stellung einzelner vorgehen. Wir fordern, dass der Verkauf unter dem Einkaufspreis gemeinschaftsweit verboten wird. Die Kommission muss die Initiative ergreifen und eine weltweit agierende Regulierungsbehörde vorschlagen.
Über eine gezielte Anwendung der Wettbewerbsregeln hinaus, sind eine Harmonisierung der nationalen Maßnahmen sowie eine angepasste Gesetzgebung in der EU wesentlich. Der hohen strukturellen Vielfältigkeit innerhalb der EU muss dabei Rechnung getragen werden.
Europäische Wettbewerbsregeln sollten beispielsweise Erzeuger-Organisationen die Kompetenz erteilen, faire Preise für ihre Produkte zu verlangen.

Kein Missbrauch der Nachfragemacht und Selbstregulierung
Die Marktposition von Landwirten, Verarbeitern und Händlern muss wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. Immer mehr Bedeutung ist der von den Abnehmern erzwungene Vertragsanbau oder Termingeschäfte beizumessen, was die Verhandlungsposition und den Wettbewerb der Landwirte gefährdet.
Wir fordern, dass das Verhältnis zwischen den Marktakteuren in der Lebensmittelkette wieder ins Lot gebracht wird. Die Verhandlungspositionen zwischen Landwirten, Händlern und Lebensmittelindustrie muss wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. Dazu ist die Kommission angehalten, einen gemeinsamen Kodex vorzuschlagen. Sanktionen für unlautbare Praktiken müssen umgesetzt werden.

Spekulationen verhindern
Absolut wichtig sind weltweit geltende Regeln gegen Spekulationen mit Lebensmitteln. Auch hierfür ist die zu gründende weltweit agierende Regulierungsstelle wesentlich, denn von den extremen Preisschwankungen landwirtschaftlicher Produkte profitieren nur einige wenige Wirtschaftsteilnehmer, während der Großteil, Verbraucher aber auch Erzeuger, eindeutig geschädigt werden.

Nachhaltige Lebensmittelversorgungssysteme und Lebensmittelqualität
Es besteht eine Korrelation zwischen niedrigen Erzeugerpreisen und strukturellen Überschussproduktionen. Das hat Folgen auf die Nachhaltigkeit, die Lebensmittelqualität, den Tierschutz, die Innovationsfähigkeit der Landwirtschaft und die Beschäftigung in benachteiligten Gebieten. Es müssen regionale, umweltgerechte Vermarktungssysteme, bei denen Landwirte und Verbraucher direkt in Kontakt treten, einen höheren Stellenwert in der Gemeinschaft erhalten.
Umweltauflagen für die Landwirtschaft sind hoch zu bewerten, sie sind im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 weiter zu verschärft.
Nachhaltige Produktion bedeutet, dass in Europa nicht auf Kosten der Entwicklungsländer produziert werden darf. Die Selbstversorgung in Drittstaaten darf nicht weiter gefährdet werden.

Was passiert in Zukunft?
Der Bericht ist rechtzeitig vor den Vorschlägen der Kommission zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt worden, so dass der Ausschuss der Kommission ihren Standpunkt in wesentlichen Punkten verdeutlicht hat.
Wir Europagrünen/EFA werden die benannten Forderungen mit Nachdruck aufrechterhalten. Skandalöse Marktmissbräuche müssen im Sinne der Verbraucher und Erzeuger strikt unterbunden werden. Und die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik muss Nachhaltigkeit voll in den Fokus stellen. Das Subventionieren einer Landwirtschaft, die auf Masse und nicht auf Qualität und Nachhaltigkeit setzt, darf es nicht mehr geben.