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NZZ - Ht. Brüssel EU-Staaten werden wohl bald selbst bestimmen können, ob ein von der EU zugelassener gentechnisch veränderter Organismus (GVO), zum Beispiel eine neue Maissorte, auf ihrem Gebiet angebaut werden darf oder nicht. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat am Dienstag in zweiter Lesung einem einschlägigen Gesetzesvorhaben mit grosser Mehrheit zugestimmt . Zugleich erteilte er seinen Unterhändlern ein Mandat für Verhandlungen mit dem Ministerrat (Gremium der Mitgliedstaaten). Diese haben noch am Dienstag begonnen und sollen bis Ende Jahr abgeschlossen werden. Damit biegt das zähe Gesetzgebungsverfahren in die Zielgerade ein. Definitiv beschlossen werden kann die Neuerung erst, wenn sich Parlament und Rat auf eine gemeinsame Version einigen.
Parlament geht weiter als Rat

Über das Prinzip ist man sich bereits einig: Über Anträge von Unternehmen auf die Zulassung von GVO zum Anbau soll zwar weiterhin auf EU-Ebene entschieden werden. Doch jeder Mitgliedstaat soll das Recht haben, den Anbau eines GVO auf seinem Territorium oder Teilen davon einzuschränken oder ganz zu unterbinden. Unterschiedliche Positionen gibt es zum genauen Vorgehen. Vereinfacht ausgedrückt will der Parlamentsausschuss den Staaten die Verhängung nationaler Verbote erleichtern. Ein Staat soll schon während des Genehmigungsverfahrens eine Anpassung des geografischen Anwendungsbereichs der Zulassung (durch Ausschluss seines Territoriums) verlangen können. Nach der Zulassung könnte er den Anbau auf seinem Gebiet rechtlich bindend einschränken oder verbieten.

Streichen wollen die Abgeordneten eine Vorgabe des Rats, wonach die Staaten in einer erste Phase mit dem Antragsteller (dem GVO-Unternehmen) über eine geografische Einschränkung seines Antrags verhandeln müssten. Auch will der Ausschuss die Liste der möglichen Verbotsgründe erweitern. Zu den möglichen Gründen würden die Umwelt- und die Agrarpolitik oder auch die Verhinderung von Pestizid-Resistenzen gehören. Der Ausschuss gehe deutlich über die Position des Rates hinaus, kommentierte der deutsche Grüne Martin Häusling. Auch Umweltorganisationen wie Greenpeace begrüssten das Abstimmungsergebnis.
Hoffnung auf Befreiungsschlag

Derzeit sind nationale Anbauverbote laut EU-Recht nur bei neuen Gesundheits- und Umweltgefahren unter Anrufung einer Schutzklausel möglich. In der Praxis haben sie einer Überprüfung durch die EU-Kommission oder den EU-Gerichtshof in der Regel nicht standgehalten. Allerdings wird derzeit nur ein GVO, die Maissorte Mon810 von Monsanto, in Teilen der EU angebaut. Weil die Mitgliedstaaten in der GVO-Frage tief gespalten sind, blockieren sich Gegner und Befürworter bei den Genehmigungsverfahren regelmässig gegenseitig, so dass am Ende die EU-Kommission entscheiden muss.

Deshalb hat die Kommission 2010 das Opt-out vorgeschlagen . Da es nationale Verbote erleichtert, könnte es die Zulassungsverfahren deblockieren, hofft man. Allerdings droht als Preis dafür ein Flickenteppich nationaler Regeln, was der Binnenmarktidee widerspricht. Umstritten ist auch, ob die Regelung WTO-konform ist. Während das Parlament die Neuerung schon 2011 in erster Lesung unterstützt hat, haben die Mitgliedstaaten erst im Juni 2014 eine gemeinsame Position gefunden.

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