Grüne Europagruppe Grüne EFA

in der Berliner Zeitung von Peter Riesbeck
Brüssel –  Die europäische Staaten können sich nicht auf ein Verbot von Genmais einigen. Die Bundesregierung ist intern zerstritten und enthält sich deshalb. Doch die EU will Genmais 1507 zulassen - obwohl die Sorte agrartechnisch als überholt gilt.

Erstmals seit 15 Jahren steht in Europa wieder eine genveränderte Maissorte vor der Zulassung. Die EU-Staaten konnten sich am Dienstag nicht auf ein Verbot für den Genmais 1507 des US-Herstellers Dupont Pioneer verständigen. Da auch keine Mehrheit für eine Genehmigung erzielt wurde, liegt die Entscheidung nun bei EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg. Dieser hatte bereits seine Zustimmung signalisiert, da die EU-Lebensmittelbehörde EFSA keine Bedenken gegen den neuen Mais vorgebracht hatte. Mit Mon810 des US-Konzerns Monsanto war in der EU 1999 letztmals eine Genmaissorte genehmigt worden. Dieser darf allerdings in Deutschland nicht angebaut werden.

In Berlin löste die bevorstehende Genehmigung eine heftige Debatte aus – auch, weil sich die schwarz-rote Bundesregierung beim entscheidenden Votum in Brüssel der Stimme enthielt. Die SPD-geführten Ministerien Umwelt und Wirtschaft hatten sich für ein Verbot der Maissorte ausgesprochen, ebenso das Landwirtschaftsministerium von CSU-Minister Hans-Peter Friedrich. Dagegen wandten sich aber Kanzlerin Angela Merkel und ihre CDU. „Bei fehlender Einigung sieht die Geschäftsordnung der Bundesregierung Stimmenthaltung vor. Auch wenn mir das persönlich im Ergebnis nicht passt“, sagte Europastaatsminister Michael Roth (SPD), der die Bundesregierung in Brüssel vertrat.

Die deutsche Enthaltung verärgerte wichtige EU-Partner. Für eine Zulassung hatten sich vor allem Großbritannien, Schweden und Spanien eingesetzt. Aber 19 Staaten, angeführt von Frankreich, Österreich, Polen und Italien, stimmten für ein Verbot. Frankreichs Agrarminister Stéphane Le Foll hatte bis zuletzt vergeblich auf Deutschland gehofft. „Es hätte auch mit Deutschland nicht für eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen gereicht“, sagte Roth.
Friedrich strebt nationales Verbot an

Friedrich erklärte umgehend, er wolle ein nationales Verbot der neuen Gensorte anstreben. Ähnlich hatte sich zuvor auch Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) geäußert. Doch bröckelt die Front. Sachsen-Anhalts Agrarminister Hermann Onko Aeikens (CDU) sprach sich nicht grundsätzlich gegen eine Zulassung aus.

Heftige Kritik am deutschen Vorgehen kam aus dem Europaparlament, das ein Verbot der neuen Sorte gefordert hatte. Der SPD-Abgeordnete Matthias Groote sprach von einem Armutszeugnis. Der Grünen-Parlamentarier Martin Häusling sah ein „Einknicken vor der Industrielobby“ und warnte vor einer „Konzentration bei den Saatgutherstellern“. Auch Umweltverbände äußerten Unmut. Martin Rücker von der Verbraucherorganisation Foodwatch sagte: „Wer so agiert, will eine mehrheitlich nicht akzeptierte Technik gegen den Willen der Menschen durchsetzen.“

Genmais 1507 wird für die Tiermast oder Biogasanlagen genutzt. Er ist gegen das Pestizid Glufosinat resistent und produziert ein Gift gegen den Maiszünsler-Schmetterling. Dupont Pioneer hatte 2001 eine Zulassung in der EU beantragt. Da nichts geschah, hatte der Europäische Gerichtshof im Vorjahr eine Entscheidung angemahnt. Nun soll die EU-Kommission entscheiden.

Agrartechnisch gilt Genmais 1507 als überholt. Die mögliche Zulassung hat daher vor allem symbolische Bedeutung. So lehnen 60 Prozent der Europäer genetisch veränderte Produkte ab. Der Konzern BASF hatte deshalb nach heftigen Protesten auf den Anbau seiner genveränderten Kartoffel Amflora in Europa verzichtet und seine Entwicklungsabteilung für grüne Agrartechnik in die USA verlegt. Neben der BASF ist auch Bayer auf dem Feld aktiv.

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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