Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/einigung-auf-eu-agrarreform-so-soll-europas-landwirtschaft-gruener-werden-17408088.html

Autor: Hendrik Kafsack, für Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. Juni 2021

 

Fast 400 Milliarden Euro sind in den nächsten Jahren für Europas Bauern vorgesehen. EU-Staaten und Parlament haben sich geeinigt, wie das Geld vergeben werden soll. Für Ökologie gibt es mehr Geld – zumindest ein bisschen.

Nach monatelangem Ringen haben sich Unterhändler von Mitgliedstaaten und Europäischem Parlament auf eine Reform der EU-Agrarpolitik geeinigt. Die europäischen Landwirte müssen damit künftig an sogenannten Eco-Schemes – Ökoprogrammen – teilnehmen, um Anspruch auf die vollen Direktzahlungen aus Brüssel zu haben. Die Förderung soll damit „grüner“ werden.

Für die Programme sind von 2025 an 25 Prozent der Hilfen reserviert. In den beiden Jahren davor sollen die Staaten den neuen Ansatz zunächst nur testen. In diesen Jahren soll der Anteil der Ökoprogramme nur bei 20 Prozent liegen. Nehmen die Landwirte nicht daran teil, wird ihnen das Geld gestrichen.

Die Einigung bleibt klar hinter den Zielen des EU-Parlaments zurück. Das hatte gefordert, 30 Prozent der Hilfen für Ökoprogramme zu reservieren, und keine Testphase vorgesehen. Hinzu kommt, dass der Kompromiss weitere Ausnahmen vorsieht. So können die Staaten weniger Geld für die Ökoprogramme reservieren, wenn sie jenseits der klassischen Direktzahlungen für die Bauern mehr Geld in ihren Programmen zur Förderung des ländlichen Raums für Umwelt- und Klimaschutz bereitstellen.

Mehr als der Kommissionsvorschlag

„Faktisch landen wir damit eher bei den von den Staaten geforderten 20 Prozent“, sagte der EU-Abgeordnete Martin Häusling (Grüne). Auch an anderer Stelle wurden die Klima- und Umweltvorgaben abgesenkt. Häusling warf der deutschen Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) vor, ein doppeltes Spiel zu treiben. Sie lasse sich daheim als Reformerin feiern und habe in Brüssel auf die Bremse getreten.

Der Beschluss geht allerdings weiter als der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission von 2018. Der sah die Einführung von Ökoprogrammen vor, es sollte aber kein fester Prozentsatz dafür reserviert werden. Daran hatte auch die neue Kommission unter Ursula von der Leyen trotz ihres Ausrufens des „Green Deal“ festgehalten, als sie 2019 antrat.

Nur der für Klimaschutz zuständige Vizepräsident Frans Timmermans hatte zuletzt mit aller Macht auf eine stärkere Verankerung der Klimaziele gedrungen und zwischenzeitlich mit einer Rücknahme des Kommissionsvorschlags gedroht. Er erhielt dafür aber auch in der Kommission keine Unterstützung. Klöckner hatte ihm zuletzt vorgeworfen, die durch sein Verhalten die Einigung zu gefährden.

Fast 400 Milliarden Euro

Für die Agrarpolitik sind im mehrjährigen EU-Haushalt 2021 bis 2027 in laufenden Preisen insgesamt 387 Milliarden Euro vorgesehen. Davon entfallen 291 Milliarden Euro auf die sogenannte erste Säule, aus denen die Landwirte die Direktzahlungen bekommen. Die Höhe hängt von der Größe des Betriebs ab. Die deutschen Bauern erhalten derzeit rund 280 Euro je Hektar.

Das restliche Geld wird über die sogenannte zweite Säule für Programme zur Förderung des ländlichen Raums ausgegeben. Darunter fallen auch Umwelt- und Klimaschutzprojekte. Die neuen Auflagen greifen allerdings erst von 2023 an, weil sich die EU-Institutionen wegen der Corona-Krise früh darauf geeinigt hatten, die bestehenden Regeln um zwei Jahre bis Ende 2022 zu verlängern.

Die Kritik an den Eco-Schemes konzentriert sich nicht nur auf den Anteil an den Gesamtausgaben. Es geht auch darum, was unter diesen Programmen überhaupt zu verstehen ist. Die Grünen bemängeln, dass es keine belastbaren Belege dafür gebe, dass die etwa als Beispiel genannte Präzisionslandwirtschaft, bei der die Bewirtschaftung der Felder über Satellit gesteuert wird, einen positiven Effekt für den Klima- und Umweltschutz habe.

Für die Umsetzung des schon beschlossenen deutschen Strategieplans hat die nun vereinbarte EU-Agrarreform keine weitreichenden Konsequenzen. In den Kernpunkten ist er mit dem Kompromiss vereinbar. Er geht zwar darüber hinaus, das ist aber erlaubt. Die Staaten und das Europaparlament müssen die Einigung noch offiziell annehmen, damit sie in Kraft treten kann. Die EU-Agrarminister sollen sich am Montag erstmals damit befassen. Die Grünen kündigten an, im Herbst im Plenum gegen den Kompromiss zu stimmen.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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