Grüne Europagruppe Grüne EFA

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-wirtschaft-lebendig-digitaler-gruener-1.4924633

Autorin: Karoline Meta Beisel, Brüssel, 2. Juni 2020

 

Brüssel - Die Europäische Wirtschaft soll aus der Corona-Krise nicht nur lebendig, sondern auch grüner und digitaler als je zuvor hervorgehen. Das jedenfalls bekräftigt die EU-Kommission seit Wochen bei jeder Gelegenheit. Das Herausfordernde an so einem Umbau fasste Haushaltskommissar Johannes Hahn am Dienstagmorgen im Agrarausschuss des EU-Parlaments zusammen: „Es ist schwierig, grün zu werden, wenn die Zahlen unter dem Strich rot sind“, sagte er bei einer Anhörung.

Für Landwirte dürfte der Wiederaufbau besonders schwierig werden: Zwar haben Verbraucher während der Corona-Krise mehr Milch getrunken und Käse gegessen als sonst; insgesamt aber sind die Absätze auf vielen Märkten drastisch gesunken. Die anhaltende Trockenheit im April und Mai dürfte Bauern vor zusätzliche Schwierigkeiten stellen. Gleichzeitig sollen sie ihre Betriebe nun noch nachdrücklicher als vorher auf eine grünere, nachhaltigere Zukunft einstellen und dazu beitragen, dass es bei künftigen Krisen nicht zu Versorgungsengpässen kommt. Und so können sie nun auf zusätzliche Milliarden aus dem Wiederaufbauplan hoffen, dessen Grundzüge die EU-Kommission in der vergangenen Woche präsentierte. „Für unsere Bauern ist das eine sehr gute Nachricht“, sagte Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski am Dienstag in Brüssel.

Bei einer Pressekonferenz präsentierte er, was die Kommission nach ihrem überarbeiteten Vorschlag bei den Haushaltsverhandlungen mit den Mitgliedstaaten erreichen will, um „Landwirte als Garanten für Nahrungsmittelsicherheit und bei der Umsetzung des Europäischen Grünen Deals“ zu unterstützen. Demnach sollen im neuen mehrjährigen Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 insgesamt 391 Milliarden Euro für die gemeinsame Agrarpolitik der EU bereitgestellt werden - 26,4 Milliarden Euro mehr als im ursprünglichen Haushaltsvorschlag der EU-Kommission vorgesehen, sagte der Pole Wojciechowski, und jedes Jahr zwei Prozent mehr, als der Sektor derzeit erhalte.

Schon bislang sind die Mittel für die Landwirtschaftsförderung einer der größten Posten im EU-Haushalt, vor allem in Form von Direktzahlungen an die Inhaber landwirtschaftlicher Flächen. So hat Deutschland allein im vergangenen Jahr etwa 6,7 Milliarden Euro an Agrarsubventionen erhalten, wie aus Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hervorgeht. Zusätzlich zu dem Geld aus dem „klassischen“ Haushalt sollen nun aber auch 16,5 Milliarden Euro aus dem neuen Wiederaufbaufonds in die Landwirtschaft fließen, „vor allem für die Herausforderungen aus dem Green Deal“, wie Wojciechowski sagte. Das werde es den Bauern leichter machen, künftige Anforderungen zu erfüllen; etwa im Zusammenhang mit der neuen Biodiversitätsstrategie der EU-Kommission, die ambitionierte Ziele für Natur- und Artenschutz vorsieht.

Im Agrarausschuss des EU-Parlaments wurde der Vorschlag, den Bauern mehr Mittel zukommen zu lassen, begrüßt. Viele Landwirte beuteten sich aus, um über die Runden zu kommen. Da sei es „mehr recht als schlecht“, wenn jetzt auch mehr Geld zur Verfügung stünde, sagte etwa die CSU-Abgeordnete Marlene Mortler. Schon lange beklagen die Parlamentarier in diesem Ausschuss, dass Bauern „nicht mehr, nur mit weniger Mitteln“ machen könnten.

Der Grüne Martin Häusling nannte die Reaktion auf die Krise in der Anhörung zwar ebenfalls „wirklich angemessen“, wies aber auch darauf hin, dass bislang noch gar nicht klar sei, wie die zusätzlichen Milliarden aus dem Wiederaufbaufonds in der Landwirtschaft ausgegeben werden sollen. „Welche Investitionsanreize sollen denn für die Landwirte konkret gemacht werden?“ Er erinnerte daran, dass die Krise auch viele Schwachstellen in der Landwirtschaft aufgezeigt habe, in Deutschland etwa die „miserable Lage“ von Saisonarbeitskräften oder auch die der Mitarbeiter in Schlachthöfen. Die EU dürfe es nicht hinnehmen, dass in der Union „auf dem Rücken von Arbeitnehmern billig produziert wird“.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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