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Frankfurter Rundschau - EU-Behörde spricht sich für umstrittenes Pestizid aus

Von Stefan Sauer

Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll in der EU bis mindestens 2026 weiter verwendet werden dürfen. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA sprach sich am Donnerstag dafür aus, die Mitte 2016 auslaufende Zulassung der umstrittenen Substanz um zehn Jahre zu verlängern. Dagegen hatte die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft und sich dabei auf zahlreiche Studien gestützt, die auf ernste gesundheitliche Gefahren für den Menschen hinweisen.

Umweltverbände, Verbraucherschützer und die Grünen sprachen sich nach Bekanntwerden der IARC-Stellungnahme für ein Verbot von Glyphosat aus. Die endgültige Entscheidung über die Zulassung wird die EU-Kommission im Frühjahr treffen.

Bei den Grünen stieß die Stellungnahme der EFSA auf scharfe Kritik. Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, sprach von einem schweren Fehler der EFSA und nahm dabei auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ins Visier. Das BfR habe unabhängige Studien, die auf die Gefahren Glyphosat hinwiesen, zwar zur Kenntnis genommen, daraus aber nicht die nötigen Konsequenzen gezogen, so Hofreiter in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem gentechnologiepolitischen Sprecher der Grünen, Harald Ebner. Stattdessen habe das Institut Untersuchungen berücksichtigt, die von der Industrie in Auftrag gegeben worden seien. Der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling sprach in diesem Zusammenhang von einem „Persilschein“ für Glyphosat.

Dem BfR kommt im derzeit laufenden Zulassungsverfahren eine Schlüsselrolle zu. Das Institut ist federführend dafür zuständig, einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen und Studienergebnisse zusammenzutragen, zu bewerten und – mit einer abschließenden Stellungnahme versehen – an die EFSA weiterzuleiten. Nachdem die IARC-Warnung vor wahrscheinlichen Krebsgefahren bekannt geworden war, hatte das BfR seinen Bericht für die EFSA nochmals mit einem „Addendum“ ergänzt, darin die Studiengrundlage der IARC aber als nicht aussagekräftig eingestuft. Renommierte Wissenschaftler wie der Epidemiologe Eberhard Greiser kritisierten dieses Vorgehen scharf und forderten ein Glyphosat-Verbot. Dem schloss sich am Donnerstag das Umweltinstitut München an. Die Einschätzung der EFSA sei unverantwortlich, sagte Verbraucherschutzreferentin Sophia Guttenberger. Bestehe der begründete Verdacht, dass eine Substanz krebserregend sei und die Fruchtbarkeit schädigen könne, müsse sie sofort aus dem Verkehr gezogen werden.

Die große Mehrheit der Deutschen teilt offenbar diese Ansicht. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid sprachen sich 73 Prozent der Befragten für ein Verbot des Unkrautvernichters aus. Derzeit sind hierzulande mehr als 70 Produkte zugelassen, die das Breitband-Herbizid enthalten. Bundesweit werden jährlich fast 6000 Tonnen Glyphosat ausgebracht. Mittlerweile wurde die Substanz im menschlichen Urin, in Muttermilch sowie zahlreichen Lebensmitteln nachgewiesen.