Grüne Europagruppe Grüne EFA

Badische Zeitung - RENNINGEN. Landwirtschaft ist ein mühsames Geschäft, bei Wind und Wetter müssen die Bauern raus auf ihre Felder. Ein Teil ihrer Wegstrecke könnte bald wegfallen – ein Roboter soll übernehmen.

Es ist ein graues Ungetüm auf einem grünen Feld, das sich da im Schneckentempo fortbewegt. Ein klobiger Kasten auf vier Rädern, daran Drähte und Antennen – kein Fahrer weit und breit. Was auf den ersten Blick deplatziert wirkt auf einem Zuckerrüben-Acker bei Stuttgart, ist Hightech – und der Technologiekonzern Bosch knüpft daran große Erwartungen. Mit dem Agrarroboter Bonirob soll der Ernteertrag quasi auf Knopfdruck erhöht werden. Noch ist das Gerät im Erprobungsstadium, 2018 könnte die kommerzielle Markteinführung Stil erfolgen.

Ein 20-köpfiges Projektteam betreut das Produkt, es ist der erste Agrarroboter bei Bosch und wohl auch der erste im deutschen Markt mit so umfassenden Autopilot- und Analysefunktionen. Vorausgesetzt, all die Funktionen sind auch realitätstauglich.

Der Bonirob beseitigt Unkraut ohne Pestizide, mit kleinen Bolzen drückt er die Pflanzen in die Erde. "Das gibt den Nutzpflanzen daneben den entscheidenden Wachstumsvorteil", sagt Entwickler Amos Albert. Was Unkraut ist, erkennt der Roboter über Sensoren und Kameras. Wächst beispielsweise Kamille als Beikraut neben den gewünschten Möhren, bekommt die Kamille gewissermaßen einen auf den Deckel – und ist raus aus dem Rennen um die fürs Wachstum so dringend benötigten Sonnenstrahlen.

Eine weitere Funktion betrifft die Auswahl des besten Saatguts. Bei der sogenannten Bonitur – daher der Roboter-Name Bonirob – soll in der Pflanzenzucht objektiv bestimmt werden, wie weit einzelne Gewächse sich entwickelt haben. Wie groß ist das Blatt, wie intensiv ist die Farbe einer Blume? Dann weiß ein Landwirt rasch, wo auf dem Feld sich die Pflanzen am besten entwickelt haben und somit das beste Material zur Weiterzucht ist. Diese automatische Analyse sei ein immenses Plus für höhere Ernteerträge, sagt Albert.

In einigen Kilometern Entfernung zum Feld sitzt Manager Michael Bolle im neu errichteten, 300 Millionen Euro teuren Bosch-Forschungscampus. Er ist sozusagen der oberste Forscher im Technologiekonzern, 1200 fest angestellte Biologen, Physiker oder Chemiker arbeiten unter seiner Leitung. Bonirob ist formal gesehen nur ein kleines Rädchen in der riesigen Forschungsoase, zugleich ist es aber ein Vorzeigeprojekt.

Bisher entwickelte Bosch die Geistesblitze der Mitarbeiter nur intern zu Produkten, die am Ende auf den Markt gebracht wurden. Bonirob hingegen wird entwickelt, zugleich wurden erste Exemplare aber schon verkauft, Abnehmer waren zwei Unis. Eine davon, die Uni Freiburg, sieht die Chancen für diese Robotertechnik "äußerst positiv".

Rückmeldungen der Kunden sollen helfen bei der Weiterentwicklung. "Wir gehen frühzeitig an den Markt und sammeln Erfahrungen mit den Kunden", sagt Forschungschef Bolle.

Das Thema Agrartechnik findet in der Branche Zustimmung. Der Deutsche Bauernverband weist auf züchterische Fortschritte und höhere Erträge auch dank moderner Technik hin. Melkroboter seien schon weit verbreitet, sagt Verbandssprecher Michael Lohse. "Drohnen- und Robotertechnik dürfte in den nächsten Jahren über das Versuchsstadium hinaus Praxisreife erlangen."

Daumen rauf, wird auch in der Politik zum Agrar-Hightech signalisiert. Der Agrarexperte der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, meint, solch Hightech könnte hilfreich sein, etwa Drohnen zur Eindämmung von Schädlingsbefall. Bei den Agrarrobotern auf dem Feld bekommt der Grüne aber auch Sorgenfalten. "Die Beobachtung des Pflanzenzustands von einer Maschine erledigen zu lassen, fördert nicht unbedingt den bewussten und nachhaltigen Umgang mit dem Agrarökosystem durch den Landwirt selbst." Mit rein technischen Ansätzen werde man das Problem ausgelaugter Böden bei zu engen Fruchtfolgen – also der Anbau-Abfolge auf Feldern – nicht lösen.

Häusling betont, so ein moderner Helfer sei "nicht an sich etwas Schlechtes". "Aber das Agrarsystem, in dem er sich rechnen und funktionieren könnte, ist schlichtweg nicht nachhaltig." Roboter könnten Monokulturen auf großen Agrarflächen noch weiter befördern – dies könnte zulasten der ökologischen Vielfalt gehen, warnt er.

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

Pressemitteilungen