Schwarze Stunde für den Waldschutz: Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ausgehöhlt
Das EU-Parlament hat heute über Änderungen an der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) abgestimmt. Ziel dieser Verordnung ist es, sicherzustellen, dass nur Produkte auf dem EU-Markt landen, die nirgends auf der Welt zur Entwaldung beigetragen haben. Die konservative Fraktion hat sich heute mit Änderungen am eigentlich fertig verhandelten Text durchgesetzt und damit das Gesetz ausgehöhlt. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- und Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Das war eine schwarze Stunde für den Waldschutz und zeigt einmal mehr, wie sehr Natur- und Umweltschutz für die Konservativen reine Lippenbekenntnisse sind. In völliger Verkennung der Tatsachen - des miserablen Zustands der Wälder weltweit und den damit verbundenen Auswirkungen auf unser Klima und die Artenvielfalt - hat die konservative Fraktion dieses wichtige Gesetz auf den letzten Metern enorm abgeschwächt. Dabei will die Industrie das Gesetz und hat sich auf das Ziel entwaldungsfreier Lieferketten längst eingestellt
Ursprünglich sollte heute ‚nur‘ über eine Verschiebung des Inkrafttretens des Gesetzes abgestimmt werden. Diese Verschiebung war notwendig, weil die Kommission das notwendige Benchmarking-System zur Risikoeinstufung der Länder nicht rechtzeitig vorgelegt hat und damit die Umsetzung gefährdet hätte. Der Rat der Mitgliedsländer hat sich schnell zu dieser Verschiebung bereiterklärt und auch im Europäischen Parlament sollte die Abstimmung allein dazu heute erfolgen. Nun haben die Konservativen diese Abstimmung aber genutzt, um weitreichende Änderungsanträge zur Abschwächung des Gesetzes einzubringen. Einige Länder - dazu zählen die EU-Länder - sollen demnach komplett von der Sorgfaltspflicht ausgenommen werden.
Ich habe mich für die Verschiebung des Gesetzes um ein Jahr offen gezeigt, um wirklich gut vorbereitet in die Umsetzung dieses wichtigen Gesetzes zu gehen und Konfusion bei den Praktikern zu vermeiden. Das Gesetzt selbst war aber gut und richtig und hätte nicht mehr aufgemacht werden dürfen. Schließlich war das Gesetz vom Europäischen Parlament bereits fertig verhandelt und mit Zweitdrittel-Mehrheit, also auch den Stimmen der Konservativen, abgestimmt worden. Der zukünftige EU-Agrarkommissar, Christophe Hansen, zu der Zeit noch Abgeordnete im Europäischen Parlament für die konservative Fraktion, war sogar der Berichterstatter, also Hauptverantwortlicher, für dieses Gesetz.
Die Konservativen setzen mit ihrer heutigen Abschwächung ihre unrühmliche Serie der Aushöhlung der Umweltgesetzgebung fort, wie schon beim geplanten Gesetz zur nachhaltigen Verwendung von Pestiziden und dem Gesetz zum Schutz der Natur. Dafür bekommen sie breite Unterstützung von Liberalen und Rechten.
Ich gehe davon aus, dass die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Verschiebung jetzt zurückziehen wird. Denn seitens etlicher EU-Mitgliedsstaaten ist bekannt, dass sie inhaltliche Änderungen am Gesetz nicht mittragen werden. Eine Einigung zwischen Kommission, Rat und Parlament ist aus zeitlichen Gründen (Frist ist Jahresende) nicht möglich. Die Verwirrung bei den vom Gesetz betroffenen Herstellern, Händlern und Verkäufern wird daher immens sein. Die Konservativen haben heute nicht nur den Wäldern und der Umwelt, sondern auch der Industrie, einen Bärendienst erwiesen!“