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Anlässlich des internationalen Bodentags am 5.12.22, erklärt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Starkregen und Dürrephasen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Die Kosten für Schäden durch Überflutungen werden für die EU bei Ackerkulturen mit 200 Euro bis 1000 Euro je Hektar angegeben. Die jährlichen Schäden durch Hochwasser lagen in den 27 EU-Staaten insgesamt 2011 bei 6,4 Milliarden Euro. Jedes Jahr sind etwa 250 000 Menschen von Hochwasserereignissen betroffen.
Andererseits erreichte Europa in 2022 Temperaturrekorde am Fließband. Diese beispiellose Hitze folgte auf einen der trockensten Winter aller Zeiten. Dem Europäischen Dürremonitor zufolge litt fast die Hälfte der EU-Länder unter ausbleibendem Regen. Die Dürre 2022 war laut Joint Research Center der Kommission (JRC) die schlimmste seit einem halben Jahrtausend.
Die Klimakrise findet nicht in der Zukunft statt, sie ist Gegenwart.
Die Landwirtschaft muss, widerstandsfähiger werden: gegen Dürre, aber auch gegen Starkregen. Wird dies ignoriert, könnte dies katastrophale Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion haben.
Wir müssen dringend dafür sorgen, dass Wasser wieder besser in unseren Böden und Landschaften gehalten wird. Ein Faktor, der dabei so gut wie nicht berücksichtigt wird, ist Bodenverdichtung*. Die Böden halten das Wasser nicht mehr in der Fläche. Die „Regenverdaulichkeit“ sinkt. Besonders im Frühjahr ist dies zu beobachten: Auf immer mehr Ackerflächen steht immer länger das Wasser. Auf der anderen Seite verursachen Dürreperioden massive Ernteschäden, weil das Wasser zwar im Frühjahr auf den Böden stand, aber nicht länger von ihnen gespeichert werden konnte.
Ist der Boden in einem guten Zustand, also nicht versiegelt oder verdichtet, dann sickert der größte Teil des Regens ein. Wenn die Böden wie ein Schwamm sind, wird ein Teil des Wassers für längere Zeit gespeichert und steht den Pflanzen und Bodentieren zur Verfügung, der Rest versickert gereinigt und trägt zur Grundwasserbildung bei. Eine hohe biologische Aktivität im Boden ist DIE grundlegende Voraussetzung zur Strukturbildung. Das macht Böden weniger erosionsanfällig und verbessert die Wasserspeicherung.
Um Wasser im Angesicht des Klimawandels ressourcenschonend zu managen, braucht es ein aktives Humusmanagement und die Förderung der Biodiversität unter der Erde: des Bodenmikrobioms.
Laut Bericht der Kommission Bodenschutz am Umweltbundesamt von 2016, können Öko-Flächen durchschnittlich doppelt so viel Wasser im Boden speichern wie konventionelle Flächen. Auch der Thünen Report von 2019 zeigt: die Infiltration von Niederschlagswasser im Ökolandbau liegt bei 137 % im Vergleich mit konventionellen Flächen, denn der hohe Humusgehalt fördert das Bodenleben und die Ausprägung einer guten Bodenstruktur. Außerdem brauchen wir ein modernes Management vor Wassereinzugsgebieten mit mehr rückhaltenden Wasserreservoirs, so entstehen regelrechte “Schwamm-Landschaften” – das Pendant zu den “Schwamm-Städten”. Dabei helfen auch Agroforstsysteme.“

Weiterlesen:

Bericht der Kommission Bodenschutz am Umweltbundesamt von 2016

Thünen Report 65 von 2019

*Luca Montanarella, quasi der oberste Bodenschützer der EU-Kommission, fasste die Ergebnisse des europäischen Bodenbeobachtungssystems LUCAS folgendermaßen zusammen: Böden unter landwirtschaftlicher Nutzung zeigen zunehmend die Symptome Humusverlust, Erosion und Bodenverdichtung. Vortrag Luca Montanarella, 31.1.2018 im Europäischen Parlament.

 

Terminhinweis:
Save the date: Am 10. März 2023 findet eine hybride Veranstaltung von Martin Häusling in Berlin zum Thema Wasser – Boden – Landwirtschaft statt. Infos folgen.

 

 

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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