Grüne Europagruppe Grüne EFA

Heute findet in Bad Zwesten die Tagung "Waldzukunft / Zukunftswald“ statt. Mit namhaften Referentinnen und Referenten wurde über diverse Themen in Bezug auf Wald diskutiert, neben einer Bestandsaufnahme wurde über das Spannungsfeld von Naturschutz und Ressourcen-Nutzung sowie über die Hindernisse für eine klimaangepasste Wald-Verjüngung diskutiert und darüber gesprochen, wie die Politik den Waldumbau unterstützen kann. Dazu kommentiert Gastgeber Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss.

„In Europa und auch weltweit setzen wir hohe Erwartungen an den Wald: Er soll CO2-Senke sein, Klimapuffer, Schutzraum für die Biodiversität und nicht zuletzt Quelle für nachwachsende Ressourcen. Doch wenn wir in die deutschen und europäischen Wälder schauen, zeigt sich uns ein ganz anderes Bild – Dürreschäden durch die ständig neuen Rekordtemperaturen und Hitzesommer, der Borkenkäfer und überhöhte Wildbestände sowie die immer intensivere Nutzung für Bauen oder Heizen haben ihm stark zugesetzt. Dieses Jahr folgte in Deutschland und in Europa ein Waldbrand auf den nächsten, aktuell brennt es im Harz. Unsere artenarmen Wälder sind anfällig geworden und können dem Stress kaum widerstehen.

Wir müssen ehrlich auf unsere Wälder schauen und darauf, was sie leisten können. Die Wälder können in ihrem jetzigen Zustand den vielfältigen Ansprüchen nicht annährend gerecht werden. Die Rechnung der klimaneutralen Nutzung des Waldes ist weit ab der Realität und die Pläne, den Wald noch stärker in die energetische Nutzung zu nehmen, verschließen sich jeglicher Wirklichkeit. Wir müssen politisch umsteuern! Wir brauchen einen artenreichen Umbau der Wälder, aber auch Rückzugsgebiete mit weniger Nutzung.

Wenn wir Wald aus der Nutzung nehmen oder die Nutzung stark herunterfahren, müssen wir auch ehrlich darüber sprechen, wie wir die Waldeigentümer dafür entschädigen können. Dazu müssen wir politische wie gesellschaftliche Lösungen finden. Wir müssen dabei aus unseren Fehlern bei der Landwirtschaftspolitik lernen und nicht einfach den Besitz von Wald, also die Fläche, fördern, sondern eine nachhaltige Bewirtschaftung.“

Prof. Dr. Pierre Ibisch von der Hochschule Eberswalde kommentiert: „Den Wald zu erhalten sollte unsere oberste Priorität sein. Die Art, wie wir den Wald nutzen, ist dabei natürlich sehr relevant. Klimatisch können wir uns auf nichts mehr verlassen, deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Böden, die wir noch haben möglichst lange intakt bleiben und nicht einfach wahllos Bäume pflanzen, die dem Standort nicht gerecht werden.“

Jana Ballenthien, Waldreferentin bei Robin Wood, merkt an, dass unsere Verantwortung für den Wald nicht an den deutschen Grenzen endet. Denn Holzverfeuerung findet in Europa bereits statt. „Pellets, die in Kohlekraftwerke gehen, sind ein globales Phänomen und ein Desaster für unsere Wälder.“ Insgesamt brauche es eine größere Wertschätzung des Wertstoffes Holz und eine gesellschaftliche verankerte Holzsuffizienz.

Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen, ist sich sicher, dass es ohne den Wald als Klimapuffer in der Klimakrise nicht gehen wird. „Dazu müssen wir die Nutzung runterfahren und die Waldbesitzer dafür entschädigen.“

Matthias Schickhofer, Strategic Consultant, erklärt: „Wir rechnen uns viel schön, z.B. wenn Fläche, die kahlgeschlagen wurde, weiter als Wald gerechnet wird. Waldnutzung ist nicht klimaneutral, wir zerstören mit der Art, wie wir momentan mit unseren Wäldern umgehen, die Lebensgrundlage unserer Kinder. Wir müssen uns endlich auch im Wald an die Systemgrenzen halten.“

Manuel Schweiger, Leiter des Nationalpark Kellerwald, sieht in seinen Wäldern eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber der diesjährigen Hitze und Dürre. „Im Kellerwald haben wir noch Urwald-ähnliche Waldstücke. Diese Systeme mit geschlossenen Kronendächern überstehen Wetterextreme besser und passen sich besser an neue Bedingungen an.“

Die Hessische Umweltministerin, Priska Hinz, zeigt bei der Tagung Lösungen auf: „Wir machen den Wald in Hessen klimastabil. Zehn Prozent des hessischen Staatswaldes haben wir aus der Nutzung genommen. Hier können sich seltene Arten ungestört entwickeln und die Funktion des Waldes als CO2-Senke wird gestärkt.“

Weitere Informationen:

Mehr Infos zur heutigen Tagung: https://www.martin-haeusling.eu/termine/2850-tagung-zur-zukunft-des-waldes.html

PM vom 14.07.22: Verfeuern von Holz in Kraftwerken und Industrie ist keine Option!

PM vom 21.03.22: Der Wald als Klimapuffer geht verloren!

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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