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Wie ernst nimmt die EU-Agrarpolitik die geplante Pestizidreduktion wirklich? Und wie geht es weiter mit der Gemeinsamen Agrarpolitik? Dazu trafen sich jetzt die EU-Agrarminister zum Agrarrat in Brüssel. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert das unbefriedigende Ergebnis:


„Große Enttäuschung nach der Agrarminister Konferenz. Immer noch stehen meisten die Agrarminister auf der Bremse, wenn es um Umweltmaßnahmen im Bereich der neuen GAP geht. Oder wenn es darum geht, ernsthaft und dauerhaft den Pestizidverbrauch in der Landwirtschaft zu begrenzen. Beides sind immerhin feste Bestandteile des Green Deals.
Es darf nicht sein, dass die Agrarministerkonferenz, die sich leider im Wesentlichen als Interessenvertretung der Landwirte versteht, allein darüber entscheidet, welche Maßnahmen des Green Deals umgesetzt werden und welche nicht. Denn das ist aus guten Gründen auch elementare Aufgabe der Umweltministerkonferenz.


Offen bleibt zudem, wie die Kommission mit dem Vorschlag von Agrarkommissar Janusz Wojciechowski zur Ausdehnung des Anbaus auf Gebiete ökologischen Vorrangs umgeht. Wojciechowski hatte vorgeschlagen, die Fruchtfolgeregelung und die zukünftige Verpflichtung ökologische Flächen auszuweisen, auszusetzen.
Wie sehr die Mehrzahl der Agrarminister die Zeichen der Zeit versteht, zeigt sich bei der angestrebten Pestizidreduktion: Die Minister wiesen den Vorschlag von Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides zurück, eine Pestizid-Einsparung um 50 Prozent in den nächsten Jahren anzustreben. Diese Abweisung ist völlig unverständlich. Wir müssen den Einsatz von Pestiziden drastisch und dringend reduzieren, und zwar zum Schutz der Biodiversität und der Gesundheit. Die Argumentation der Mehrheit der Agrarminister, die Reduzierung nicht umzusetzen, um damit die Welternährung zu garantieren, ist nicht akzeptabel. Es ist reine Augenwischerei zu sagen, man könne mit ein paar Prozent Stilllegung die Welt ernähren. Noch dazu, wenn diese Flächen in der Regel in Gebieten liegen, die überhaupt nicht für intensive Produktion gedacht sind.


Ich habe den Eindruck, dass der Ukraine-Krieg dazu genutzt wird, um schon immer unbequeme Maßnahmen jetzt endgültig zu beenden. Wir dürfen aber nicht die verschiedenen Krisen gegeneinander ausspielen. Wir sehen in der momentanen Hitzewelle und dem voranschreitenden Verlust an Biodiversität, dass wir die genannten Maßnahmen dringend brauchen. Ich fordere die Kommission auf, dringend Klarheit zu schaffen und auch in schwierigen Zeiten nicht vom Kurs des Green Deals abzuweichen.


Grundsätzlich müssen wir offen darüber diskutieren, warum nur 20 Prozent des Getreides in Europa auf den Tellern landet und die restlichen 60 Prozent in Trog und 20 Prozent in Agrotreibstoffe und Industrie wandert. Trotz der sich verschärfenden Hungersnöte und des Krieges in der Ukraine wird diese Diskussion verweigert. Dabei sollte es uns allen, die Agrarminister eingeschlossen, doch um die Sicherung unserer menschlichen Grundbedürfnisse gehen und die gehen über den Teller hinaus.“

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