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Aktuell läuft eine vierwöchige öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission zur Regulierung neuer genetischer Verfahren. Noch bis zum 22. Oktober können alle EU-Bürger*innen ihre Meinung zu den Plänen der Kommission, Produkte der neuen Gentechnik zu deregulieren, teilen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, kommentiert:

“Alle Warnsignale stehen auf Rot: Zieht die EU-Kommission ihren angekündigten Plan durch, so wird es schon in ein paar Jahren nicht mehr möglich sein, Gentechnikprodukte zu vermeiden. Schon im nächsten Jahr will die Kommission einen Gesetzesvorschlag erarbeiten, mit dem sie Gentechnikpflanzen, bei denen kein artfremdes Erbgut eingebaut wird, aus dem EU-Gentechnikrecht ausnimmt. Damit entfielen Risikoprüfung, Kennzeichnung und Nachverfolgbarkeit für Saatgut, welches mit diesen gentechnischen Verfahren verändert wurde. Ganz praktisch bedeutet das dann, dass Landwirtinnen und Landwirte keine Möglichkeit mehr hätten sich für gentechnikfreies Saatgut oder Futtermittel zu entscheiden, Verbraucherinnen und Verbrauchern würde die Wahlfreiheit für gentechnikfreie Lebensmittel genommen.

Es ist völlig unklar, wie genau die Europäische Kommission die Einsendungen der europäischen Bürgerinnen und Bürger im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen wird. Die öffentliche Konsultation ist aber eine der wenigen Möglichkeiten, mit denen sich die Zivilgesellschaft direkt einbringen kann. Diese Chance sollten alle nutzen, denen daran gelegen ist, dass auch zukünftig gentechnische Verfahren, wie die Genschere CrisprCas, der Regulierung unterliegen und ihnen nicht im blinden Vertrauen auf die Versprechungen der Saatgutindustrie ein gefährlicher Freifahrtschein ausgestellt wird.

Denn aus ökologischer Sicht ist es klar: zu gewinnen gibt es bei der gentechnischen Manipulation des Saatgutes bislang nichts. Im Gegenteil. Ob solche Produkte beim Verzehr für den Menschen ungefährlich sind, wurde bis heute in keiner einzigen wissenschaftlich seriösen Studie geprüft. Die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Natur kann zu Veränderungen im hochkomplexen Ökosystem führen, deren Auswirkungen völlig unklar sind. Von Veränderungen des Genpools bei Wild- und Nutzpflanzen bis zur Verdrängung endemischer Arten und dem Entstehen neuer Fraßfeinde ist alles möglich. Es ist schwer vorstellbar, dass das empfindliche ökologische Gleichgewicht keinen Schaden nehmen würde bei der ungeregelten Verbreitung von Gentechnik-Saatgut.

Auch etablierte nachweislich nachhaltige Anbaumethoden wie der Ökolandbau wären mit einem Schlag nicht mehr praktikabel, denn Ökolandbau arbeitet mit gentechnikfreiem Saatgut und auch in den Produkten darf keine Gentechnik enthalten sein. Das EU-Ziel von 25 % Ökolandbau wäre damit zum Scheitern verurteilt, eine Agrarwende rückte in weite Ferne.

Anstelle von patentierten Gentechnikpflanzen brauchen wir lokal angepasste, robuste und vielfältige Sorten, um im Klimawandel zu bestehen, um unsere Böden nachhaltig fruchtbar zu halten und gesunde Lebensmittel zu erzeugen. Genmanipulierte Sorten sind nicht für lokale Anbauherausforderungen konzipiert und werden deshalb auch nicht die versprochenen Erfolge bringen. Das haben die letzten 40 Jahre Gentechnik gezeigt. Von Gentechnikpflanzen profitieren allein die global agierenden Agro-Konzerne und Patentinhaber, nicht aber die Landwirtinnen und Landwirte bzw. die Verbraucherinnen und Verbraucher.”

Weitere Infos:

Bislang haben sich mehr als 12 000 EU-Bürger*innen an der Konsultation beteiligt, etwa 2,700 davon aus Deutschland. Die Teilnahme ist noch bis zum 22. Oktober möglich: https://act.greens-efa.eu/de/keine-gentechnik-auf-unseren-tellern

Wissenschaftliche Kritik an den Leopoldina und EASAC-Stellungnahmen zu Genom-editierten Pflanzen (Deutsche Kurzfassung der Studie von ENSSER und CSS)

Veröffentlichungen der Grünen im Europäischen Parlament zur Neuen Gentechnik: https://www.greens-efa.eu/de/campaigns/gmo

https://www.greens-efa.eu/dossier/fur-neue-gentechnik-ist-kein-platz-in-nachhaltiger-landwirtschaft/

Veröffentlichungen von Martin Häusling zur Agro-Gentechnik: https://martin-haeusling.eu/themen/agro-gentechnik.html

 

 

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