Grüne Europagruppe Grüne EFA

Pestizide

01.03.2021

Neonikotinoide - EU-Kommission muss Notfallzulassungen sofort stoppen!

Einen sofortigen Verzicht auf das Instrument der Notfallzulassung bei den hochgiftigen Neonikotinoiden verlangt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, in einem Brief an die EU-Kommission. Der Arten- und Gesundheitsschutz verbiete den überflüssigen Einsatz dieser Stoffe.

„Einzelne Staaten der EU, darunter Deutschland, nutzen in diesen Wochen das Instrument der Notfallzulassung von Pestiziden weidlich aus, ohne dass es dafür einen wirklichen Grund gibt. Die wesentlichen Neonikotinoide wurden von der EU aus sehr guten Gründen 2018 im Freiland verboten. Diese tückischen Stoffe richten einen verheerenden Schaden in der Natur an. Doch trotz aller verbalen Bekenntnisse zum Erhalt der Biodiversität ignorieren die Mitgliedsstaaten das Verbot und lassen die Mittel auf Druck der Industrie und der Lobbyverbände via Notfallgenehmigung zu.

Diese Unsitte, die auf Kosten von uns allen geht, muss endlich beendet werden!

Ich habe die kompromisslose Durchsetzung des Verbots von 2018 jetzt in einem Brief, der sich an Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans, an die Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides und an den Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, Virginijus Sinkevičius, richtet, noch einmal in aller Deutlichkeit verlangt.

Stoppt die Kommission diese Praxis nicht, verstößt sie gegen ihre eigenen Ziele: So wird die Farm-to-Fork-Strategie Utopie bleiben. Sie soll den Pestizideinsatz in der EU bis 2030 um 50 Prozent zu verringern. Wie will man dieses Ziel angesichts der aktuellen Unterwanderung von Verboten überhaupt erreichen?

Ich bestreite zudem, dass den Notfallzulassungen überhaupt ein Notfall zugrunde lag, vielmehr handelte es sich wohl um wirtschaftliche Gründe. Befall mit Blattläusen gibt es im Rübenanbau jedes Jahr. Wie kann man da von einem Notfall sprechen? Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass die Notfallgenehmigungen von der Zuckerrübenindustrie, den Pestizidherstellern und den Bauernverbänden forciert werden. Diese befürchten Einkommensverluste durch Ernteausfälle. Von einem Notfall kann man meiner Meinung nach nur sprechen, wenn die komplette Ernte bedroht ist. Biologische arbeitende Zuckerrübenbauern zeigen zudem wunderbar, dass eine respektable Ernte auch ohne hochtoxische Substanzen möglich ist.

Statt immer wieder solche Ausnahmen zu dulden, sollte mehr in die Forschung zu biologischen Behandlungsmethoden gegen Pflanzenkrankheiten, Parasiten und Viren und generell zu giftfreier Landwirtschaft investiert werden. Angemessene Anbautechniken, Fruchtfolgen und Bodengesundheit sind das Gebot dieser Zeit – und nicht das gedankenlose, weil so furchtbar einfache Anwenden von Giften!“

Weitere Informationen:
Briefing Martin Häusling zu Neonikotinoiden und Notfallgenehmigungen
Brief von Martin Häusling an die Europäische Kommission, 01.03.2021
Brief von Martin Häusling an die EFSA, 01.03.2021

25.02.2021

Verurteilung der Aktivistin Valérie Murat: Ein unverzeihlicher Angriff auf Redefreiheit und Verbraucherschutz

Die Winzertochter und Umweltschützerin Valérie Murat wurde von der Weinlobby „Vins de Bordeaux“ auf 450.000€ Strafe verklagt und ist nun zu 125.000 EUR Schadenersatz verurteilt worden, weil sie laut aussprach, was Analysen der Weine ergeben hatten: Bordeaux-Weine sind voller Pestizidrückstände. Dieses skandalöse Vorgehen kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Die Prozesse gegen Valérie Murat in Frankreich - genau wie der gegen Karl Bär (Umweltinstitut München) in Italien - sind Beispiele für sogenannte SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuit Against Public Participation). Diese unverhältnismäßigen Klagen werden von mächtigen Akteuren angestrengt, um diejenigen einzuschüchtern oder zum Schweigen zu bringen, die im öffentlichen Interesse Missstände benennen. Typische Opfer sind Journalisten, Aktivisten oder Wissenschaftler. So etwas dürfen wir in Europa nicht dulden.
Valerie Murat hat mit ihren Untersuchungen öffentlich gemacht, dass bei den hoch intensiv angebauten Weinen aus West-Frankreich ein ganzer Cocktail von Pestizidrückständen enthalten ist. Die Höhe der Rückstände ist noch legal, was schlimm genug ist, aber bei den hier untersuchten Weinen prangte auch noch das Umweltprädikat „High Environmental Value (HVE)“ auf dem Etikett, was nachgerade als bewusste Verbrauchertäuschung gewertet werden kann.
Dass sie für das Aufdecken dieser Verbrauchertäuschung nun horrende Strafzahlungen leisten muss, ist nichts anderes als ein handfester Skandal! Wenn ein Umweltlabel dem Verbraucher eine Umwelt-schonende Bewirtschaftung suggeriert, kann dies unmöglich mit dem exzessiven Versprühen von Ackergiften einhergehen. Murat hat mit ihren Untersuchungen der Allgemeinheit einen großen Dienst erwiesen und soll jetzt mit fast schon mafiösen Einschüchterungsversuchen mundtot gemacht werden. Das darf es in Europa nicht geben!
Eine Weinlobby, die Bürger*innen zur Durchsetzung ihrer Interessen mit repressiven Methoden bedroht, darf in keinster Weise unterstützt werden. Ich rufe daher zum Boykott von konventionellen Bordeaux Weinen in ganz Europa auf.
Ähnlich wie schon im Fall von Mals (Südtirol) versucht wurde, Umweltschützer zum Schweigen zu bringen, wird dieser Versuch auch im Falle von Bordeaux ordentlich nach hinten los gehen.“

Info:
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, stuft übrigens die Klage gegen Karl Bär als Missbrauch der Justiz ein und führte diese in einem Kommentar als Beispiel für SLAPP-Klagen auf.

Weiterführende Infos:
SZ-Artikel vom 24.02.21
Zusammenstellung des Umweltinstituts München

 

17.02.2021

Hintergrundpapier zu Notfallzulassungen von Neonikotinoiden

Zum Hintergrundpapier:

"SOS -wir brauchen Gift!?"
Hintergrundpapier über die allzu freizügige Nutzung von Notfallgenehmigungen für Neonikotinoide

Man kann es nicht oft genug sagen: Der Einsatz von Neonikotinoiden ist in Europa 2018 aus sehr guten Gründen auf Basis eines Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Landwirtschaft untersagt worden. Es handelt sich um Mittel, die, anders als gerne von den Lobbyorganisationen behauptet wird, eben nicht nur die gewünschten Zielorganismen treffen. Sie haben stattdessen eine tödliche Wirkung auch für Wildbienen, Honigbienen und andere Solitärinsekten. Damit spielen sie eine zentrale Rolle beim Artenschwund unter Insekten und in der Folge auch unter Vögeln. Die EFSA weist außerdem darauf hin, dass nicht nur Nektar, Pollen und bei der Saat entstehender Staub als Quelle für die fatale Wirkung auf Bienen verantwortlich sind, sondern eben auch Pflanzensaft, den Insekten aufnehmen.
Hinzu kommt: Die Anwendung (bei Rüben als Saatgutbehandlung) von Neonikotinoiden ist rein prophylaktisch. Das gebeizte Saatgut wird benutzt, obwohl niemand weiß, ob Schädlinge überhaupt vorkommen - und falls ja, in welchen Mengen. Diese Art der Verwendung widerspricht damit klar dem gesetzlich festgelegten Schadschwellenansatz des „integrierten Pflanzenschutzes“ und damit der guten fachlichen Praxis, sie ist also illegal.

17.02.2021

Notfallzulassung für Neonikotinoide: Hände weg von den gefährlichen und überflüssigen Insektiziden!

In einem dringlichen Appell, die Notfallzulassungen für Neonikotinoide zu stoppen, fordert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, Bund und Länder sowie Landwirt*innen zum Verzicht auf die hochgefährlichen Insektizide auf:

„Man kann es nicht oft genug sagen: Der Einsatz von Neonikotinoiden ist in Europa 2018 aus sehr guten Gründen auf Basis eines Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Landwirtschaft untersagt worden. Es handelt sich um Mittel, die, anders als gerne von den Lobbyorganisationen behauptet wird, eben nicht nur die gewünschten Zielorganismen treffen. Sie haben stattdessen eine tödliche Wirkung auch für Wildbienen, Honigbienen und andere Solitärinsekten. Damit spielen sie eine zentrale Rolle beim Artenschwund unter Insekten und in der Folge auch unter Vögeln. Die EFSA weist außerdem darauf hin, dass nicht nur Nektar, Pollen und bei der Saat entstehender Staub als Quelle für die fatale Wirkung auf Bienen verantwortlich sind, sondern eben auch Pflanzensaft, den Insekten aufnehmen.
Hinzu kommt: Die Anwendung (bei Rüben als Saatgutbehandlung) von Neonikotinoiden ist rein prophylaktisch. Das gebeizte Saatgut wird benutzt, obwohl niemand weiß, ob Schädlinge überhaupt vorkommen - und falls ja, in welchen Mengen. Diese Art der Verwendung widerspricht damit klar dem gesetzlich festgelegten Schadschwellenansatz des „integrierten Pflanzenschutzes“ und damit der guten fachlichen Praxis, sie ist also illegal.
Inzwischen stimmte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Ernährungssicherheit (BVL) den Anträgen von sieben Bundesländern auf Notfallgenehmigung für Neonikotinoid-gebeiztes Rübensaatgut zu. Dabei handelt es sich um Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
Die Genehmigung des Neonikotinoid-Einsatzes steht in direktem Widerspruch zu allen öffentlichen Verlautbarungen der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, nichts mehr zuzulassen, was Bienen gefährlich werden könnte. Klöckners Versuche, die Schuld bei den Ländern zu suchen, stellen ein pures Ablenkungsmanöver dar. Chefin des BVL, ohne deren Genehmigung die Länder nichts unternehmen könnten, ist immer noch Julia Klöckner.
Dabei stellt sich heraus, dass als Treiber der Notfallzulassungen die Zuckeranbauverbände wie Südzucker und Nordzucker sowie Hersteller wie Syngenta und der Bauernverband wirken. Sie befürchten angebliche Einkommensverluste, sollte die Rübenernte durch Ernteausfälle kleiner als erhofft ausfallen. Damit stricken sie eifrig an der Legende, wonach ohne Neonikotinoide der wirtschaftliche Kollaps drohe. Diese pure Behauptung entlarven Fachleute regelmäßig als falsch.
Ich fordere deshalb die Länder ultimativ auf, die Notfallzulassung nicht anzuwenden. Neonikotinoide machen alle Bemühungen, den Artenschwund aufzuhalten, zunichte. Dies sollte den Umweltminister*innen und ihren Staatssekretär*innen eigentlich mehr als klar sein.“

Im angefügten Hintergrundpapierhaben wir die Fakten noch einmal zusammengetragen.

 

 

10.02.2021

Insektenschutzpaket: Wir müssen an die Intensiväcker ran – Schluss mit Minimal-Lösungen

Das Hickhack um das Mini-Insektenschutzpaket der Bundesregierung kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„Statt sich weiter um freiwillige Minimallösungen und noch mehr Verwässerungen beim angeblichen Insektenschutz zu zanken, brauchen Deutschland und Europa endlich eine klare Besinnung auf das eigentliche und längst formulierte Ziel: Die Farm-to-Fork-Strategie sieht eine Verminderung des Pestizid-Einsatzes um 50 Prozent bis 2030 vor. Dieses einzig sinnvolle, weil wirkungsvolle Ziel aber kann mit dem Kleinklein dieser Bundesregierung nicht mal auf dem Papier erreicht werden, geschweige denn irgendwas in der Praxis.
Es nützt der Artenvielfalt überhaupt nichts, auf wenigen Hektar den Einsatz gefährlicher Pestizide herunterzufahren, hier mal ein Naturschutzgebiet und dort einen Gewässerrandstreifen auszunehmen. Wir müssen an alle intensiv beackerten Zonen ran. Nur in der Fläche können wir wirklich etwas für den Artenschutz erreichen. Dafür ist ein politisches Umsteuern hin zu einer Agrarwende dringend notwendig, damit Landwirte Geld nur dann bekommen, wenn sie Landwirtschaft im Sinne eines gesellschaftlich verlangten weitestgehenden Verzichts auf Pestizide und Umweltbelastungen betreiben.
Solche Schritte aber scheut die Koalition, sie agiert mutlos und feige, und setzt das alte System stillschweigend fort. Teilweise ist sogar das, was Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vorlegt, längst Gesetz und bringt uns beim Schutz der Artenvielfalt keinen Millimeter voran.
Die Absurdität der Berliner Politik wird bei den Notfallzulassungen für die gefährlichen Neonikotinoide besonders deutlich: Wie kann man auf der einen Seite über Insektenschutz reden und auf der anderen Seite diese EU-weit längst verbotenen Insektizide wieder zulassen? Wie gefährlich diese Gifte für genau jene Arten sind, die wir unbedingt schützen müssen, ist weithin bekannt und unter Fachleuten auch unbestritten. Wenn sechs mit Neonikotinoiden getränkte Rübensamen genügen, um ein Rebhuhn zu töten, dann ist das allerhöchster Grund, um diese Gifte nie wieder zu erlauben. Wir entziehen nicht nur dem Rebhuhn die Lebensgrundlage, sondern uns allen. Das ist in der Berliner Bundesregierung leider immer noch nicht angekommen.“

15.12.2020

Notfallzulassungen für Neonikotinoide: Ministerin Klöckner knickt schon wieder ein und ist wortbrüchig

Die Entscheidung, in Deutschland örtlich wieder hochgiftige Neonikotinoide im Rübenanbau zuzulassen, muss sofort zurückgenommen werden, verlangt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss des EU-Parlaments:

„Neonikotinoide sind die gefährlichsten Gifte, die wir im Ackerbau kennen. Deshalb war es völlig richtig und konsequent, wenn die EU diese Stoffklasse 2018 aus dem Verkehr zog. Doch Deutschland unterläuft diese Entscheidung entgegen allen Beteuerungen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, nichts mehr zuzulassen, was Bienen gefährlich werden könnte. Wenn das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nun per Notfallzulassung das Gift Thiamethoxam für Intensivackerzonen in Nordrhein-Westfalen freigab, dann ist dies nicht allein ein Tabubruch. Es ist auch ein Wortbruch der Ministerin, zu dem sie noch nicht einmal steht, da sie die letzte Entscheidung über den Einsatz der Mittel an die Bundesländer abschiebt. Das nenne ich feige.
Derart gefährliche Gifte haben in der Landwirtschaft nichts mehr verloren. Das Argument, Neonikotinoide seien im Rübenanbau in Bezug auf Bienen unproblematisch, da die Ernte vor der Blüte erfolge, sticht keineswegs. Es ist sattsam bekannt, dass die Pflanze nur einen kleinen Teil des Gifts überhaupt aufnimmt – der große Rest gelangt in den Boden und ins Wasser und taucht später in ganz anderen Pflanzen wieder auf. Mitunter sogar, und das ist wissenschaftlich belegt, in den extra für Bienen und andere nützliche Insekten angesäten Blühstreifen.
Ministerin Klöckner ist, und das bei weitem nicht zum ersten Mal, mal wieder der Lobby auf den Leim gegangen und eingeknickt. Sie untergräbt das EU-Recht und ignoriert alle europaweiten Bemühungen, die Artenvielfalt zu sichern. Diese Entscheidung ist von dem allgegenwärtigen Risiko begleitet, dass sich diese Gifte erneut in der Umwelt ausbreiten.
Anders als Ministerin Klöckner hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA das Problem auf dem Schirm. Unter Hinweis auf die Biodiversitätsstrategie der EU bog die EFSA Anfang des Jahres Versuche der Agrarchemielobby, Neonikotinoide als Saatgutbeize wieder zuzulassen, ab. Das erwarte ich von der EFSA auch jetzt, wenn sie die in einigen EU-Staaten erlassenen Notfallzulassungen überprüft. Schon in früheren Jahren entlarvte diese Behörde Notfallzulassungen in hoher Zahl als völlig überflüssig und wies nach, dass es genügend Alternativen zu diesen Extrem-Giften gibt.“

 

11.11.2020

Offener Brief von 60 Europaabgeordnete veröffentlicht, die die EU-Kommission auffordern, den Export von in der EU nicht zugelassenen Pestiziden zu verbieten.

JUTTA PAULUS MEP

ANNA CAVAZZINI MEP

MARTIN HÄUSLING MEP

Brüssel, 11. November 2020

Heute haben über 60 Europaabgeordnete einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie die EU-Kommission dazu auffordern, den Export von in der EU nicht zugelassenen Pestiziden zu verbieten.

Europaabgeordneter Martin Häusling, Agrarsprecher der Fraktion Grünen/EFA im Europäischen Parlament, fügt hinzu:

„Im Rahmen ihrer "From Farm to Fork"-Strategie hat die EU angekündigt, dass sie den Pestizideinsatz in der EU um 50% reduzieren will. Sehr gut – aber die Pestizide zu exportieren, die hier aus gutem Grund nicht eingesetzt werden, geht gar nicht! Menschen und Umwelt in den Zielländern leiden. Zudem können diese Pestizide ihren Weg zurück in die EU und auf den Teller der europäischen Verbraucher*innen finden, da der Import von Lebensmitteln, die mit verbotenen Pestiziden hergestellt wurden, nicht kontrolliert wird.“

Europaabgeordnete Jutta Paulus, Mitglied im Umweltausschuss der Fraktion Grünen/EFA im Europäischen Parlament, abschließend:

"Wenn wir den Biodiversitätsverlust ernsthaft angehen wollen, müssen wir solche kontraproduktiven Aktivitäten endgültig stoppen und unsere Politik an einem „one-health/ eine Gesundheit“-Ansatz ausrichten. Artenvielfalt ist unsere Lebensgrundlage, wir dürfen sie nicht zugrunde richten. Unsere Gesundheit und die unserer Umwelt hängen zusammen. Wenn wir Pestizide exportieren, die bei uns in der EU verboten sind, bekommen wir das doppelt zurück. Zum einen über Rückstände auf importierten Lebensmitteln und zum anderen als Druck auf die bereits bedrohte globale Artenvielfalt. "

Dazu erklärt die Europaabgeordnete Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Fraktion Grünen/EFA im Europäischen Parlament:

„Es ist unfassbar, dass wir weiterhin Pestizide in ärmere Länder exportieren, die für EU-Bürger*innen als zu gefährlich eingestuft werden. Im Jahr 2018 allein wurden mehr als  81.000 Tonnen Pestizidprodukte exportiert, die Chemikalien enthalten, die innerhalb der EU verboten sind. Wir müssen der Doppelmoral unserer Handelspolitik endlich ein Ende setzen und aufhören, gesundheitliche Schäden der Menschen und der Umwelt im Globalen Süden in Kauf zu nehmen.“

 

Hintergrund:

  • Den vollen offenen Brief an die EU-Kommission kann unter diesem Link abgerufen werden.
15.09.2020

Prozess Südtirol gegen Pestizid-Kritiker: Bärendienst für Südtirol!

Zur Anklage des Südtiroler Landesrats Schuler gegen mehrere Personen wegen des öffentlichen Anprangerns des intensiven Pestizideinsatzes im Apfelanbau erklärt Martin Häusling, Mitglied im Agrar- und Umweltausschuss und agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:

„Offensichtlich ist die Haltung der Südtiroler Regierung, den Pestizideinsatz durch Einschüchterung zu verteidigen, nach hinten losgegangen. Zumindest ließ Landrat Schuler nach massiven Protesten und internationalen Solidaritätsbekundungen verlauten, er werde die Anklage zurückziehen!
Noch liegt dem Bozener Landgericht jedoch keine Rücknahme seinerseits vor. Herr Schuler muss seine Ankündigung wahr machen und den Rückzug auch vollziehen! Denn schon jetzt hat er mit der Klage gegen Karl Bär und Co dem schönen Südtirol einen Bärendienst erwiesen.
Er hat sich zum Sprecher einer Wagenburg aus Praktikern, Verbänden und Regierungsvertretern gemacht, die nach wie vor meinen, sie müssten die Interessen der Pestizidlobby vertreten anstatt die der Bürger. Sie versuchen, KritikerInnen mundtot zu machen, obwohl diese die Wissenschaft hinter sich haben. Ewig gestriger geht es nicht.
Seit Jahrzehnten wird behauptet, es sei sicher und es ginge nicht ohne. Und alle paar Jahre entdecken Wissenschaftler, dass Stoffe, die gestern zugelassen wurden, heute als äußerst schädlich für Umwelt und Menschen entlarvt werden. Die Wissenschaft hat also längst entdeckt, dass es besser wäre, mit der Natur zu arbeiten statt gegen sie.
Ich hoffe, dass sich in Südtirol Mehrheiten finden, die der Region einen Weg ebnen, der mehr Vielfalt zulässt statt Apfel-Monokultur mit stabilen landwirtschaftlichen Systemen und der die Menschen endlich vom Pestizidnebel befreit.“

Meldung: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/suedtirol-naturschuetzer-anzeigen-1.5031788 
Hintergrund:
Die Obstplantagen im Vinschgau werden massiv mit Chemie behandelt. Das hat zahlreiche negative Effekte für die Umwelt, für Biobauern, die ihre Produkte nicht mehr vermarkten können sowie für Milchbauern, deren Heu nicht mehr verfüttert werden kann. Den Pestizideinsatz in den Südtiroler Obstplantagen wollten viele BürgerInnen im Dorf Mals im Vinschgau nicht mehr länger hinnehmen: Im Jahr 2014 beschlossen sie per Bürgerentscheid ein kommunales Verbot chemisch-synthetischer Pestizide und erklärten sich zur ersten pestizidfreien Gemeinde Europas. Daraufhin ließen die Südtiroler Landesregierung und die mächtige Obstlobby nichts unversucht, um das Referendum zum Scheitern zu bringen.
Der Anklage gegen das Umweltinstitut schlossen sich mehr als 1300 Südtiroler LandwirtInnen an. Bei Alexander Schiebel sind es mehr als 1600 Bäuerinnen und Bauern, die ihren Namen unter die Anzeige setzten. Doch knapp 40.000 Menschen schlossen sich bisher der Forderung an, das Malser Pestizidverbot zu akzeptieren und zum Vorbild für ganz Südtirol zu machen und zeigen sich so solidarisch mit den MalserInnen.

Mehr dazu: https://www.youtube.com/watch?v=q7T8KTOwAIg
https://martin-haeusling.eu/presse-medien/pressespiegel/2444-der-vinschger-gruppe-malser-weg-in-bruessel.html

 

 

08.09.2020

Südtiroler Pestizideinsatzes im Apfelanbau: Maulkorb gegen die Wahrheit? Das geht zu weit!

Zur Anklage des Südtiroler Landesrats Schuler gegen mehrere Personen wegen des öffentlichen Anprangerns des intensiven Pestizideinsatzes im Apfelanbau erklärt Martin Häusling, Mitglied im Agrar- und Umweltausschuss und agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:

„Die Anklage, die der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler gegen den Referenten für Agrar- und Handelspolitik des Umweltinstituts München e.V. Karl Bär und den Autor und Filmemacher Alexander Schiebel, losgetreten hat, ist ein eklatanter Angriff auf die Meinungsfreiheit in Europa und ein Feldzug gegen alle Menschen, die pestizidfrei leben und ihre Umwelt nicht länger vergiftet sehen möchten. Die beiden hatten wahrheitsgemäß und auf Untersuchungen fußend den enormen Pestizideinsatz im südtiroler Apfelanbau kritisiert.
Landesrat Schuler will hier per Gerichtsbeschuss engagierten Menschen aus der Zivilgesellschaft einen Maulkorb verpassen, denen die Schönheit der Natur Südtirols und die Gesundheit von Einheimischen und Touristen am Herzen liegen.
Wie abwegig die Vorwürfe sind, zeigt auch die Reaktion der Staatsanwaltschaft in München, die die Bitte um Zusammenarbeit aus Südtirol verweigerte – mit Verweis auf das in Artikel 11 der Charta der Europäischen Union verbriefte Recht auf Meinungsfreiheit.
Die Angeklagten brauchen jetzt unsere Unterstützung. Es ist schon schlimm genug, sich dauernd von Ewig-Gestrigen anhören zu müssen, Lebensmittel zu produzieren ginge nicht ohne Pestizide, aber das hier geht zu weit, das ist undemokratische Machtanmaßung!“

Hintergrund:
Die Obstplantagen im Vinschgau werden massiv mit Chemie behandelt. Das hat zahlreiche negative Effekte für die Umwelt, für Biobauern, die ihre Produkte nicht mehr vermarkten können sowie für Milchbauern, deren Heu nicht mehr verfüttert werden kann. Den Pestizideinsatz in den Südtiroler Obstplantagen wollten viele BürgerInnen im Dorf Mals im Vinschgau nicht mehr länger hinnehmen: Im Jahr 2014 beschlossen sie per Bürgerentscheid ein kommunales Verbot chemisch-synthetischer Pestizide und erklärten sich zur ersten pestizidfreien Gemeinde Europas. Daraufhin ließen die Südtiroler Landesregierung und die mächtige Obstlobby nichts unversucht, um das Referendum zum Scheitern zu bringen.
Der Anklage gegen das Umweltinstitut schlossen sich mehr als 1300 Südtiroler LandwirtInnen an. Bei Alexander Schiebel sind es mehr als 1600 Bäuerinnen und Bauern, die ihren Namen unter die Anzeige setzten. Doch knapp 40.000 Menschen schlossen sich bisher der Forderung an, das Malser Pestizidverbot zu akzeptieren und zum Vorbild für ganz Südtirol zu machen und zeigen sich so solidarisch mit den MalserInnen.

Mehr dazu: https://www.youtube.com/watch?v=q7T8KTOwAIg
https://martin-haeusling.eu/presse-medien/pressespiegel/2444-der-vinschger-gruppe-malser-weg-in-bruessel.html

18.08.2020

Bienen-Killer Neonikotinoide: Frankreich darf nicht durchkommen mit geplanter Ausnahme!

Frankreich will für die nächste Ernte Neonikotinoide im Zuckerrüben-Anbau trotz EU-Verbot wieder zulassen. Französische Mais-Bauern verlangen nun ebenfalls, die nervenschädigenden Insektenkiller einsetzen zu dürfen. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:

„Neonikotinoide sind hoch schädlich, ihr Einsatz nicht ohne Grund verboten. Frankreich darf mit seinem Ansinnen, sie jetzt doch wieder per sogenannter „Notfallzulassung“ einzusetzen, nicht durchkommen. Ich fordere die Europäische Kommission auf, dass sie jetzt klare Kante zeigt und Frankreich diese ‚Ausnahme‘ nicht durchgehen lässt. Tut die Europäische Kommission das nicht, so macht sie sich unglaubwürdig in Bezug auf die hehren Ziele ihrer Farm to Fork Strategie und der Biodiversitätsstrategie und lässt eine massive Schädigung der Insektenwelt sowie von Vögeln und anderen Tierarten zu. Diese unnötige Beschleunigung des Artensterbens darf sie nicht mittragen.
Die skandalöse Praxis einzelner Mitgliedsstaaten über sogenannte Notfallzulassungen Neonikotinoide trotz EU-Verbot einzusetzen, muss sofort gestoppt werden, schließlich muss die EU-Kommission diese „Notfallzulassungen“ absegnen. Die Europäische Kommission hat dazu ein Instrument an der Hand: Artikel 53 der Pestizidgesetzgebung. Dieser gibt ihr die Möglichkeit, Maßnahmen zurückzunehmen oder abzuändern. Diese Eingriffsmöglichkeit muss sie nutzen.
Ich habe Vizepräsident der Europäischen Kommission Timmermanns, Umweltkommissar Sinkevicius und Gesundheitskommissarin Kyriakides ein entsprechendes Schreibenzukommen lassen.“

Weitere Infos zu Neonikotinoiden:
https://martin-haeusling.eu/themen/artenschutz-pestizide/1886-das-wichtigste-ueber-neonikotinoide-aus-kapitel-aus-studie-gift-auf-dem-acker.html

30.06.2020

Fall Chlorpyriphos: Zulassungsprozess mit Herstellerstudien ist eine Farce!

Bei der Zulassung von Chlorpyriphos haben alle Prüf-Organe versagt.

Bei der Zulassung von Chlorpyriphos 1999 wurden Verschleierungen des Herstellers Dow Chemical in einer Studie mit Ratten nicht entdeckt. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umweltausschusses, kritisiert:

„Bei der Darstellung der Ergebnisse eines Tierversuchs zu Chlorpyriphos wurde in der Studie des Herstellers von 1998 verschwiegen, dass die Kleinhirne von Jungratten kleiner waren, selbst wenn ihre Mütter während der Trächtigkeit nur sehr geringen Chlorpyrifos-Mengen ausgesetzt waren.
Wie so oft zeigte auch hier die Studie nur die Ergebnisse, die dem Hersteller genehm waren.
Das haben im damaligen Zulassungsprozess weder die Behörden Spaniens entdeckt, welches für die Zulassungsprüfung zuständig war, noch die Behörden der zuarbeitenden Länder Polens und Deutschlands. Die EU-Prüfbehörde EFSA gab es damals noch nicht.“
Aus einer Tabelle im Datenteil der Studie hätte man den Sachverhalt allerdings damals schon ablesen können. Doch nicht nur das: Das Mittel wurde 2005 erneut zugelassen, obwohl die US-Umweltbehörde EPA im Jahr 2000 die Datenauswertung zum Gehirnaufbau in eben dieser Studie als „ungeeignet und nicht beweiskräftig“ kritisierte. Nachdem Forscher 2018 die Rohdaten des Rattenversuchs nochmals ausgewertet und in einem Fachartikel auf die fehlerhafte Darstellung hingewiesen hatten, entzog die Kommission 2020 die Zulassung.
„Ich habe daher heute die EU-Kommission gefragt: „Wie konnte es auf mehreren Ebenen des Zulassungsprozesses sowohl in 1999 als auch in 2005 zu einer derart fehlerhaften Analyse der Herstellerstudie kommen, dass diese Effekte übersehen wurden?
Wieso wurde auch dann der Zulassungsprozess nicht überprüft, als die US-Umweltbehörde EPA im Jahr 2000 die Datenauswertung als „ungeeignet und nicht beweiskräftig“ kritisierte?
Solange in erster Linie Herstellerstudien für den Zulassungsprozess herangezogen werden und keine unabhängigen, die die Prüfer auf potentielle Gefahren aufmerksam machen, ist erwartbar, dass so etwas wieder und wieder passiert. Solch eine Praxis degradiert das europäische Vorsorgeprinzip zum Papiertiger!“

Taz-Artikel zum Sachverhalt von heute: Giftig für Embryos – aber erlaubt!
Siehe auch
Artikel im Kritischen Agrarbericht: „Zunehmende Probleme beim Pestizideinsatz erfordern entschiedenes Umdenken“ von Martin Häusling
Mehr Infos unter: https://martin-haeusling.eu/themen/artenschutz-pestizide.html

 

29.04.2020

Ende des Neonikotinoids Thiaclorpid - Bund duldet trotz Verbots Gift auf Äckern und in Obstgärten

Mit dem „Aus“ für die Pflanzenschutzmittel Biscaya und Calypso verschwindet nun zwar der vierte von fünf Wirkstoffen aus der Klasse der extrem Insekten-gefährlichen Neonikotinoide. Doch lange Übergangsfristen sind skandalös, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss.

„Das Auslaufen der Genehmigung des Neonikotinoids Thiacloprid war überfällig. Vielfältige Studien hatten schon vor langer Zeit bewiesen, dass Neonikotinoide höchst problematisch für die Artenvielfalt sind. Ein Verbot auch dieses Stoffs war deshalb zwingend, nach dem schon seit 2018 die Verwendung der Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam im Freiland untersagt ist.

Der Beschluss der EU, auch Thiacloprid zu verbieten, stammt vom Herbst. Die in Deutschland gebräuchlichen Mittel, Biscaya und Calypso, aber verschwinden deshalb nicht sofort vom Markt. Es ist ein Skandal, wenn eindeutig als gefährlich für unsere Umwelt identifizierte Pestizide im Raps-, Kartoffel-, Obst- und Zierpflanzenanbau trotz ausgelaufener Genehmigung noch bis Ende August (Biscaya) und sogar Ende Oktober (Calypso) verkauft und sogar noch fast ein Jahr lang verwendet werden dürfen.

Selbst wenn dies rein rechtlich konform läuft, so ist es völlig unverhältnismäßig, wenn das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) den Einsatz dieser künftig entsorgungspflichtigen Gifte in dieser Saison zulässt, als wäre nichts geschehen. Hier kuscht die Bundesregierung vor einer Lobby, die sich wieder einmal gegen alle Vernunft durchsetzen konnte.“

 

 

 

17.02.2020

Pestizid-Rückstände: Giftige Lebensmittelimporte?

Ein heute veröffentlichter Bericht von Corporate Europe Observatory legt den Verdacht nahe, dass die Europäische Kommission, auf Druck Deutschlands, auf Importe von Lebensmitteln aus Nicht-EU-Ländern andere Maßstäbe bei Pestizid-Rückständen anlegen will als auf in der EU erzeugte Lebensmittel. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umweltausschusses, kommentiert:

„Da hat die Pestizid-Industrie mal wieder ganze Arbeit geleistet. In ihrem Spiel über Bande mit Nicht-EU-Staaten wie den USA und Kanada hat sie es erreicht, dass die EU-Kommission kurz davor steht, Lebensmittelimporte in die EU zu genehmigen, die höhere Rückstandswerte von Pestiziden aufweisen als in der EU erlaubt. Die deutsche Landwirtschaftsministerin Klöckner ist munter mit von der Partie und setzt sich für eine ‚risikoorientierte Bewertung von Rückständen‘ ein. Dass diese Pestizide aus gutem Grund verboten sind in der EU - schließlich können sie Krebs verursachen, das Erbgut schädigen, Fortpflanzung beeinträchtigen und das Hormonsystem stören - ignoriert sie geflissentlich. Dieser Kniefall vor der Chemielobby ist empörend und zutiefst fahrlässig gegenüber Verbrauchen und Landwirten.

Die Europäische Kommission muss jetzt zeigen, dass es ihr Ernst ist mit dem Green New Deal und einer Farm to Fork - Strategie, die tatsächlich zu einem ökologischeren und gesünderen Europa führt. Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie in ihrer aktuellen Überprüfung der Pestizidgesetzgebung dafür Sorge trägt, dass die Grenzwerte für Pestizide in Importwaren nicht gelockert werden.

Auch am morgigen Dienstag wird es haarig: bei einem Treffen der EU-Staaten in Brüssel geht es um das Importverbot von Chlorpyrifos. Dies ist ein Insektizid, das der zuständige Ausschuss der Mitgliedsländer aus gutem Grund im Dezember verboten hatte: Es ist potentiell hirnschädigend. Käme es zu einer Absenkung der Standards, hätten wir auch dieses Gift zukünftig wieder in unserem Essen.
Dagegen müssen wir in aller Entschiedenheit vorgehen!“

Weiterführende Links:
Bericht von Corporate Europe Observatory ‚Toxic residues through the back door‘: https://corporateeurope.org/en/2020/02/toxic-residues-through-back-door
TAZ-Artikel ‘Ministerin Klöckner für Giftimporte’: https://taz.de/Essen-mit-gefaehrlichen-Pestiziden/!5663710/
Informationen Martin Häusling zu Artenschutz & Pestiziden: https://martin-haeusling.eu/themen/artenschutz-pestizide.html
Pressemitteilung Martin Häusling zu Chlorpyrifos: https://martin-haeusling.eu/presse-medien/pressemitteilungen/2449-entscheidung-der-mitgliedsstaaten-zu-chlorpyrifos-ein-guter-tag-fuer-umwelt-und-verbraucher.html

18.12.2019

EU-Parlament fordert Aus für Neonikotinoide

Das EU-Parlament verlangt ein Verbot für alle Neonikotinoide und spricht sich für die Ökologisierung der Landwirtschaft in Europa aus. „Das ist ein großer Erfolg hin zu einer wirklichen Agrarwende“, kommentiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, die heutige Abstimmung im Parlament, die im Zusammenhang mit der Bestäuber-Initiative der Kommission stand:

„Die von den Grünen verlangte und vom Parlament jetzt unterstützte Forderung nach einem Verbot auch der übrigen, bisher noch erlaubten Neonikotinoide ist überfällig in einer Zeit, in der sich mit bislang unbekannter Dramatik draußen in der Flur eine stille Katastrophe abspielt. Wir müssen das Insektensterben und den Schwund bei den Vögeln stoppen. Das gelingt nur, wenn wir auf Pestizide verzichten und die Ökologisierung der Landwirtschaft in Europa vorantreiben.
Klar ist allerdings auch: die von der Kommission vorgeschlagene, begrüßenswerte Bestäuber-Initiative allein wird nichts bringen. Sie wird das anvisierte Ziel, den Rückgang wildlebender Bestäuber, wie Bienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer zu stoppen, nicht erreichen. Denn solange diese Initiative nicht eingebettet ist in eine grundsätzliche neue Agrarpolitik, solange wird sich am eklatanten Rückgang der wildlebenden Insekten nichts ändern.
Leider fällt auch der Green Deal von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weit hinter die erwarteten und bereits vorab publizierten Ziele zurück. So, wie der Green Deal nun dasteht, geht von ihm kein ernsthafter Beitrag zum Schutz der Natur in der Agrarlandschaft aus. Das wird so nicht funktionieren, das ist völlig klar.
Wir brauchen klare Reduktionsziele bei Pestiziden. Wir brauchen endlich ein lückenloses Verbot der Neonikotinoide: Es kann nicht sein, wie zuletzt Belgien bei der Behandlung von Zuckerrüben, dass Mitgliedsstaaten immer wieder Ausnahmen zulassen. Um die biologische Vielfalt zu fördern und den Schutz von Lebensräumen für Bestäuber wirklich zu garantieren, müssen diese Ziele klar in der Reform der GAP verankert werden.“

06.12.2019

Entscheidung der Mitgliedsstaaten zu Chlorpyrifos: Ein guter Tag für Umwelt und Verbraucher

Entscheidung der Mitgliedsstaaten zu Chlorpyrifos:
Ein guter Tag für Umwelt und Verbraucher

Die Entscheidung des ständigen Ausschusses der Mitgliedsländer (PAFF), das Insektizid Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-Methyl zukünftig in der EU zu verbieten, kommentiert Martin Häusling, Koordinator der Grünen im Agrarausschuss und Mitglied des Umwelt- und Gesundheitsausschusses des Europäischen Parlaments:
„Wir begrüßen die Entscheidung der EU-Kommission sehr. Das ist ein guter Tag für die Umwelt und die europäischen Verbraucher. Allerdings kommt diese Entscheidung 15 Jahre zu spät. Ein solches Mittel, das nachweislich Kinder und die Umwelt so gravierend schädigen kann, hätte niemals zugelassen werden dürfen. Es zeigt uns, wie dringend der Reformbedarf der Zulassungsprozesse von Pestiziden in Europa ist. Ähnlich wie bei Glyphosat, muss die Europäische Kommission jetzt Konsequenzen daraus ziehen und erkennen, dass von der Industrie verfasste Studien nicht die Grundlage der Bewertung bilden dürfen. Ich appelliere an die neue Kommission und die neue Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, in Zukunft das Vorsorgeprinzip zu beherzigen und die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürgern nicht weiter leichtfertig aufs Spiel zu setzen. “

05.12.2019

Zulassung von Insektizid Chlorpyrifos darf nicht verlängert werden!

Chlorpyrifos - Entscheidung zur Zulassungsverlängerung des Insektizids:
Alles Schneewittchen oder was? Giftiges Obst darf es nicht mehr geben!

Heute oder morgen entscheidet ein Fachausschuss der Europäischen Kommission über die Zulassungsverlängerung des gefährlichen Insektizids Chlorpyrifos. Dieses wird beim Anbau von Obst, vor allem von Zitrusfrüchten in Süd-Europa noch verwendet. In Deutschland und sieben anderen EU-Ländern ist es verboten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat sich dafür ausgesprochen, dass das Insektizid von Januar 2020 an nicht mehr in der EU verwendet werden soll. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied des Umweltausschusses im Europäischen Parlament, kommentiert:

„Ein Stoff, der höchstwahrscheinlich hormonverändernd ist und mit dem Entwicklungsstörungen des Nervensystems verbunden werden, hat in unserem Obst nichts zu suchen! So sieht es ja auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit. Sie urteilte, dass der Stoff nicht die gesetzlichen Kriterien für eine erneute Zulassung in der Europäischen Union erfülle.
Deutschland hat die Chemikalie schon vor Jahren für die Anwendung verboten - trotzdem landet mit Chlorpyrifos behandeltes Obst als Import aus Süd-Europa oder Drittländern in deutschen Supermarktregalen.
Da mag die konventionelle Agrarlobby noch so mosern und mit Ernteeinbußen drohen - eine weitere Verlängerung der Zulassung darf es nicht geben. Das sind wir den Jüngsten der Gesellschaft schuldig. Denn bei Ungeborenen und Kindern entfaltet die Chemikalie seine Wirkung besonders heftig. Reduzierter IQ, Verlust des Arbeitsgedächtnisses, Autismus und Parkinson sind Nebenwirkungen, die bisher in Kauf genommen werden. Betroffen sind Bauern, die das Insektizid anwenden, sowie ihre Familien und andere in der Nähe lebenden Menschen. Und natürlich wir Verbraucher.
Es gibt nur ein verantwortungsvolles Abstimmungsergebnis: Chlorpyrifos muss verboten werden. Existierende Restbestände dürfen nicht mehr aufgebraucht werden. Es wäre ein ökologisches und soziales Armutszeugnis, entschieden die nationalen Vertreter im EU-Ausschuss anders. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass wir uns den giftigen Stoff nicht mit importiertem Obst aus Nicht-EU-Ländern in unsere Obstkörbe holen.
Wer jetzt schon sichergehen will, dass keine vergifteten Mandarinen in den Nikolausstiefeln stecken, sollte zu Bio-Obst greifen.“


Weiterführende Links:
Tagung des Ausschusses: Siehe Tagesordnungspunkte B.02 und B.03
Redebeitrag Martin Häusling im Agrarausschuss des Europäischen Parlaments am 25.9.2019 zu Chlorpyrifos: (ab 16.09 Uhr)
Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu Chlorpyrifos 
Briefing von HEAL zu Chlorpyrifos

04.12.2019

Weltbodentag 2019: Je mehr Artenvielfalt im Boden, desto fitter für den Klimawandel!

Zum morgigen Weltbodentag 2019 erklärt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss:

„In Zeiten, wo Niederschläge ausbleiben und Ernteerträge einbrechen, ist nicht nur die Frage nach einer klimaverträglichen Landwirtschaft existenziell, sondern vor allem die Frage: Sind unsere Böden fit für den Klimawandel?
Unser aktuelles Agrarsystem überfrachtet Böden mit den falschen Nährstoffen und belastet das Bodenleben durch Monokulturen und Pestizide. Humusverlust und Verlust des Bodenlebens sind die Folge. Bei 45 Prozent der europäischen Böden liegt der Gehalt an organischer Substanz unter der Zwei-Prozent-Marke. Das EU-Forschungsprojekt SOILSERVICE, an dem elf europäische Universitäts- und Forschungsinstitute beteiligt waren, hat schon in seinem Bericht von 2012 eindeutig festgestellt, dass eine intensive Landwirtschaft zu einem Verlust der biologischen Vielfalt im Boden führt. Das bedeutet Bodenverdichtung und geringe Wasserspeicherfähigkeit.
Ein nachhaltiges Humusmanagement muss deutlich mehr in den Fokus der Europäischen Agrarpolitik.
Ökologische Bodenbewirtschaftungstechniken, wie hochwertige organische Düngung und weite Fruchtfolgen machen Böden widerstandsfähiger für Klimaextreme. Ökologisch bewirtschaftete Böden speichern beispielsweise deutlich mehr Wasser als Flächen konventioneller Betriebe und können daher Überschwemmungen und Dürren besser vorbeugen.
Die Artenvielfalt im Boden muss generell deutlich mehr ins öffentliche und politische Bewusstsein rücken:
‚Die Bodenbiologie spielt eine lebenswichtige Rolle für die Bodenfruchtbarkeit und hat erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erträge. Außerdem tragen sie zur Reinigung von Luft und Wasser bei. Müssten diese Funktionen synthetisch erfüllt werden, würde das jedes Jahr Billionen Euro kosten.‘, schrieb die EU Kommission schon 2010.
Diese Erkenntnis muss auch zu Konsequenzen in der Gestaltung der Europäischen Agrarpolitik führen. Daher muss die Kommission das Thema aufgreifen und mit in die Klimastrategie einarbeiten!“

Siehe auch:

Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) (2016): Böden als Wasserspeicher

Studie zur „Klimasmarten Landwirtschaft“

Studie zum Zustand der Böden in Europas Landwirtschaft

03.12.2019

Abstimmung im EU-Umweltausschuss: Bestäubende Insekten müssen mehr in den Fokus genommen werden!

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat heute über die EU-Initiative für Bestäuber abgestimmt. Ziel der Initiative ist es, den Rückgang wildlebender Bestäuber, wie Bienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer zu stoppen. Die Mitglieder des Umweltausschusses positionierten sich mit der heutigen Abstimmung zu den Veränderungen des Kommissionsvorschlages durch die Mitglieder des Umweltausschusses. Eine große Mehrheit hat den Änderungen zugestimmt. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, war der verantwortliche Grüne für die Verbesserung der Bestäuber-Initiative. Er kommentiert:

„Die Dringlichkeit des Insektenschutzes ist mittlerweile in allen Köpfen angekommen. Jetzt geht es darum, von bloßen Beileidsbekundungen über das Insektensterben wegzukommen hin zu ganz konkreten Taten. Die EU-Initiative für Bestäuber ist so ein konkreter Schritt hin zu mehr Insektenschutz. Richtigerweise widmet sich die Initiative speziell den Wildbestäubern, die oft nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie nötig haben.
Der EU-Umweltausschuss hat klare Handlungsempfehlungen gegeben. Es ist überfällig, dass die Gemeinsame Agrarpolitik der EU insektenfreundliche Formen der Landbewirtschaftung fördert. Mit dem vom Umweltausschuss geforderten Indikator-Tool, das die Auswirkungen der Landbewirtschaftung auf Bestäuber dokumentiert und finanzielle Anreize für bestäuberfreundliche Landbewirtschaftung setzt, haben wir heute einen konkreten Weg aufgezeigt, Insektenschutz ernster zu nehmen. Ein Schlüsselelement ist dabei natürlich die Reduzierung chemischer Pflanzenschutzmittel. Der Umweltausschuss hat sich dafür ausgesprochen, dass die EU-Mitgliedstaaten mehr in die Pflicht genommen werden müssen, ihren Pestizideinsatz auf ein Minimalniveau herunterzufahren.
Besonders wichtig ist mir, dass strengste Kriterien bei der Pestizidzulassung gelten. Ich freue mich daher sehr, dass die Mehrheit der Abgeordneten meinem Vorschlag gefolgt ist, die vollständige Umsetzung der Bienenleitlinien von 2013 einzufordern: Pestizidzulassungen dürfen nur erfolgen, wenn sie nachgewiesenermaßen keine chronischen Auswirkungen auf Bienen haben.“

 

Link zur EU-Bestäuber-Initiative:
https://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/pollinators/pdf/ENV-19-003-LeafletPollinators-DE-web.pdf
Redebeitrag Martin Häusling zur Bestäuber-Initiative im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments:
https://www.youtube.com/watch?v=uIhyrJFT7bk

02.12.2019

Agrargipfel in Berlin/ Verstoß gegen EU-Recht: Das übliche Weiter-so nun mit dem Segen der Kanzlerin

Erwartungsgemäß phantasielos und völlig mutlos präsentiert sich die Regierung beim Agrargipfel in Berlin, meint Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss. Von Agrarwende keine Spur. Stattdessen begeht die Regierung gerade einen faustdicken Verstoß gegen EU-Recht:

„Statt angesichts von Klimawandel und Artenschwund auf die Herausforderungen der Zeit zu reagieren, verordnet Kanzlerin Angela Merkel das Weiter-so in der Agrarpolitik. Mehr, als zum Einkauf regional erzeugter Lebensmittel zu raten, fällt ihr nicht ein. Der Regierung ist es wichtiger, alle mit wirtschaftlichen Ambitionen ausgestatteten, am Verkauf von Pestiziden interessierten Lobbyvereine wie Raiffeisenverband oder Industrievereinigung Agrar an den Tisch zu holen. Statt sich ernsthaft Gedanken über dringend anstehende Änderungen in der Agrarpolitik zu machen.
Ohnehin hätte es dieses Aufwands eines solchen Treffens nicht bedurft. Denn abgesehen davon, dass wichtige Organisationen wie beispielsweise Tierschutz- und Umweltorganisationen nicht geladen waren: Mit den üblichen Protagonisten des Bauernverbands redet die Regierung ständig. Denn viele CDU-Abgeordnete, die im Agrarausschuss sitzen, sind gleichzeitig Bauernverbandsfunktionäre.
Deshalb ist geradezu eine Provokation des Bauernverbands, wenn der behauptet, er würde sonst nie gefragt. Dazu muss man klar festhalten: Es gibt keine parlamentarische Anhörung zu Agrarthemen, die ohne Beteiligung des Bauernverbands stattfindet. Zudem sind die europäischen Bauerverbände über den Dachverband COPA-COGECA die einzige Organisation, die es schafft, bei den Sitzungen des Europäischen Rats mit am Tisch zu sitzen, wenn die Mitgliedsstaaten über Agrarpolitik befinden. Wozu dann noch einen Extra-Gipfel für diese Klientel?
Während Regierung und Lobbyisten sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, läuft im Hintergrund ein handfester Skandal: Agrarministerin Julia Klöckner beabsichtigt, für die viel zu engen Käfige für die 1,8 Millionen Sauen weiterhin zu genehmigen. Dabei ist dies ein klarer Verstoß gegen Europarecht und höchstrichterlich durch das Bundesverwaltungsgericht untersagt. Ein Schelm, wer nun glaubt, daran habe keine mit dem Deutschen Bauernverband verbandelte Organisation mitgedrechselt.“