Grüne Europagruppe Grüne EFA

Deutsche Mittelstands Nachrichten -  Ende März fällt die gesetzliche Begrenzung der Milchquote weg. Die steigende Produktion wird die Erzeugerpreise in den Keller treiben. Klein Milchbauern können dann mit den „Turbomelkern“ nicht mehr mithalten. Die Politik sucht nach Möglichkeiten, das Aussterben der kleinen Milchbetriebe zu verhindern.

Viele Milchbauern zwischen Nordseeküste und bayerischer Alm schauen sorgenvoll auf den 31. März. An diesem Tag wird nach über 30 Jahren die Milchquote und damit die Deckelung der Produktion in der Europäischen Union (EU) auslaufen. Aller Voraussicht nach schlägt dann die große Stunde der „Turbomelker”. Branchenintern werden damit jene Kuhhalter bezeichnet, die so viel Milch wie möglich produzieren und damit den Verkaufspreis drücken. Das Nachsehen haben dann kleine Betriebe, die im Preiskampf nicht mithalten können.

Den Milch-Abnehmern, den Molkereien, scheinen dagegen goldene Zeiten bevorzustehen. Angesichts einer stagnierenden Nachfrage in Europa setzen sie auf den Export in einen global wachsenden Milchmarkt. In Übersee winken satte Gewinne, lautet das Mantra der meisten Milch-Manager. „Die Molkereien haben viele neue Märkte weltweit gesucht und gefunden, dennoch müssen wir weiter investieren, um Märkte zu öffnen” sagt der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes, Karl-Heinz Engel.

Die deutsche Milchproduktion hatte 2013 einen Wert von knapp zwölf Milliarden Euro. Die Milchwirtschaft machte damit einen Umsatz von über 25 Milliarden Euro und ist damit der größte Sektor der deutschen Landwirtschaft. Weltweit ist Deutschland der fünftgrößte Milchproduzent. Führend bei Milchexporten ist Neuseeland, gefolgt von der EU und den USA, auch Australien ist ein wichtiger Player.

Den Rohstoff für die deutschen Ausfuhren liefern rund 77.700 Milchbauern, die im vergangenen Jahr mit 4,3 Millionen Kühen knapp 32 Millionen Tonnen Milch erzeugten – so viel wie nie zuvor. Trotz des wachsenden Angebots blieb der Preis mit durchschnittlich 37 Euro für 100 Kilogramm Milch 2014 nahezu auf dem Rekordwert des Vorjahres. Allerdings zeichnet sich ein Verfall der Erzeugerpreise bereits ab. Schon Ende des Jahres zahlten Molkereien weniger als 30 Cent für ein Kilogramm Milch.

Bei den ebenfalls im Überfluss angebotenen Molkereiprodukten sind die Preise bereits früher ins Rutschen geraten: Nach EU-Angaben sind die Preise für Milchpulver im Oktober um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Butter wurde um ein Viertel billiger verkauft.

Aus Sicht der EU-Experten scheint ein Expansionskurs der europäischen Molkereien trotzdem vielversprechend zu sein. Die Preiseinbrüche schreiben sie der Volatilität des Milchmarktes zu. Unter dem Strich aber geht es ihrer Ansicht nach aufwärts. In ihrem Ausblick für die Dekade bis 2024 gehen sie von einem weltweiten Nachfragewachstum von durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr aus. Den Grund dafür sehen die Fachleute neben der anwachsenden Bevölkerung im Anstieg des Lebensstandards und damit in einem Wechsel der Ernährungsgewohnheiten. Den größten Importbedarf wird nach dem EU-Ausblick nach wie vor China haben: Rund ein Fünftel der globalen Milchprodukt-Exporte werden demnach dorthin fließen.

Auf die Exportchancen haben die Großen der Branche ein begehrliches Auge geworfen. Weltweit ist Nestle (Schweiz) die größte Molkerei, gefolgt von Danone und Lactalis (beide Frankreich). In Deutschland ist das Deutsche Milchkontor (DMK) mit einem Umsatz von rund 5,3 Milliarden Euro Branchenprimus, weltweit rangiert es an 13. Stelle.

„Wir haben in den letzten drei Jahren über 500 Millionen Euro investiert”, sagte DMK-Sprecher Hermann Cordes Reuters zum geplanten Expansionskurs. Dazu gehörten ein Milchpulver-Werk im niedersächsischen Zeven und eine Mozzarella-Käserei in Georgsmarienhütte, die für den außereuropäischen Markt produziere. Zudem habe das DMK Büros in Schangai, Moskau und Madrid eröffnet. In Schangai soll nach seinen Worten vor allem der Weg in den chinesischen Markt geebnet werden, von Madrid aus werden die Aktivitäten in Nordafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten koordiniert und in Moskau die Vorbereitungen nach dem erhofften Ende des russischen Agrarembargos getroffen.

Die Expansionspläne stützt das DMK auch auf eine Befragung seiner Milchzulieferer. Demnach wollen die Milchbauern bei den DMK-Molkereien bis 2020 1,2 Milliarden Kilogramm mehr Milch abliefern als derzeit. Damit würde das DMK in fünf Jahren 7,2 Milliarden Kilogramm Milch verarbeiten, derzeit sind es sechs Milliarden Kilogramm.

Ob die Zukunft tatsächlich rosig wird, bezweifelt der Grünen-Agrar-Experte Martin Häusling. „Die Exporterwartungen sind zu hoch, ich glaube nicht daran”, sagte er Reuters. China etwa investiere massiv in die eigene Milchproduktion und habe sich zudem in den neuseeländischen Markt eingekauft. Auch die EU räumt in ihrem Ausblick ein, dass die Entwicklung in China ungewiss sei. Zudem schlafen auch die Konkurrenten nicht, in Neuseeland und den USA zeigen die Produktionskurven nach oben.

Der weltweite Wettbewerb schlägt auf die deutschen Milchbauern durch, von denen mancher einen knallharten Verdrängungswettbewerb befürchtet. Viele haben in die Ställe investiert, um sich nach dem Wegfall der Milchquote einen möglichst großen Platz unter den Milchproduzenten zu sichern. Die Molkereien garantieren die Abnahme der gesamten Rohmilch – allerdings zu einem Preis, der sich aus dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage bilden soll.

Angesichts dieser Aussichten rechnet der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter mit einer Beschleunigung des Strukturwandels. „Es wird wohl in Richtung fünf Prozent geben”, sagte Verbandssprecher Hans Foldenauer Reuters und meint den Anteil der Milchbauern, die in diesem Jahr aufgeben werden.

Die Agrarminister der Bundesländer wollen ein „Milchbauernsterben” verhindern und haben im September „wirksame Instrumente zur Bewältigung möglicher Milchmarktkrisen” gefordert. Aber Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bremst. “Auch in der derzeitigen Marktsituation unterstütze ich den Kurs der Marktausrichtung”, sagte er mit Blick auf die anstehende Liberalisierung des Milchmarktes. „Eine Rolle rückwärts in der Milchmarktpolitik führt nicht zu höherer Erzeugerpreisstabilität; insbesondere helfen keine neuen staatlichen oder halbstaatlichen Mengenregelungen.”

Gleichwohl zeigt sich Schmidt offen für Hilfen der EU in „außergewöhnlichen Marktsituationen”. EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat Exportsubventionen in Aussicht gestellt, um der Milchmengen Herr zu werden. Zudem ist die EU bereit, Beihilfen für die Lagerung von Milchpulver und Butter zu zahlen. Dem Milchviehhalter-Verband reicht das nicht. Er will am liebsten die Quote erhalten. „Zeitlich befristet sollte die Milchproduktion gedeckelt werden können”, forderte Foldenauer.

Schlagwörter:

Video

Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

Pressemitteilungen