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EuractivEuractiv - In ganz Europa gelten ab Samstag (13. Dezember) neue Regeln zur Kennzeichnung von Lebensmitteln – sie bieten mehr Schutz für Allergiker und sagen Lebensmittel-Imitaten den Kampf an. Verbraucherschützer halten die Vorschriften jedoch für einen faulen Kompromiss.

Für Lebensmittel gelten ab Samstag (13. Dezember) neue Regeln für die Kennzeichnung. Sie sollen klarer, umfassender und genauer sein – und den Verbrauchern zu bewussteren Kaufentscheidungen verhelfen.

"Auf dem Etikett werden jetzt noch deutlicher die wichtigsten Inhaltsstoffe vermerkt sein. Dies erleichtert Verbrauchern die Entscheidung, welche Lebensmittel sie kaufen sollen. Im Mittelpunkt der neuen Vorschriften stehen die Verbraucher, die klarere Informationen erhalten; zugleich sind die Neuerungen für die Unternehmen praktikabel", erklärte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukatis am Donnerstag.

Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) ist am 12. Dezember 2011 in Kraft getreten. Seitdem hatten die Mitgliedsstaaten Zeit, die Verordnung in nationales Recht umzusetzen. Ab Samstag gelten die neuen Vorgaben, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Einführung einer Nährwerttabelle, die ab dem 13. Dezember 2016 gelten.

Die wichtigsten Änderungen:
bessere Lesbarkeit der Informationen (Mindestschriftgröße von 1,2 Millimeter bei verpflichtenden Angaben);
klarere und einheitliche Hervorhebung der 14 wichtigsten Allergene (darunter Soja, Nüsse, Gluten, Laktose) im Zutatenverzeichnis bei vorverpackten Lebensmitteln (durch Schriftgröße, Fettschrift oder Hintergrundfarbe);
verpflichtende Angabe der Allergene bei nicht vorverpackten Lebensmitteln (auch bei Abgabe in Gaststätten), der "Verkauf von Lebensmitteln durch Privatpersonen" und der gelegentliche Umgang damit sind von den neuen Regeln ausdrücklich
verpflichtende Angabe bestimmter Nährwertinformationen bei den meisten vorverpackten verarbeiteten Lebensmitteln;
verpflichtende Ursprungsangabe bei frischem Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch;
gleiche Lebensmittelkennzeichnungsvorschriften für Fernabsatz (Bestellungen im Internet oder aus dem Katalog) und Ladenverkauf;
Produkte können zugesetzte winzige Nano-Partikel enthalten, etwa um Stoffe besser löslich zu machen. Dann muss künftig hinter dem Inhaltsstoff das Wort "Nano" aufgedruckt werden;
Angabe der speziellen pflanzlichen Herkunft raffinierter Öle und Fette, also auch von umstrittenen Palmölen;
Verschärfung der Vorschriften, mit denen eine Irreführung der Verbraucher verhindert werden soll;
Wenn ein Ersatzstoff (Lebensmittel-Imitat) verwendet wird, muss er direkt neben dem Produktnamen genannt werden - zum Beispiel wenn Pflanzenfett statt Käse als Pizzabelag dient.
eindeutiger Hinweis, wenn ein Lebensmittel aus Fleisch- oder Fischstücken "zusammengefügt" ist;
Falls Fleisch oder Fisch mit so viel Wasser aufgespritzt wurde, dass es mehr als fünf Prozent des Gewichts ausmacht, muss dies auf der Packung vermerkt sein.
eindeutiger Hinweis, wenn es sich um ein aufgetautes Lebensmittel handelt.

Bundesernährungsminister Christian Schmidt lobt die neuen Vorschriften als "Meilenstein für mehr Klarheit und Wahrheit".

Die SPD-Europaabgeordnete Susanne Melior begrüßt besonders den Schutz für Allergiker: „Allergiker können endlich unbekümmert in ihr Brötchen beißen. Mein Bäcker muss mir sagen können, ob darin Nüsse oder Sesam enthalten sind." Auf der Menükarte müssten keine kompletten Kochrezepte abgedruckt sein, aber man habe jetzt ein Recht darauf zu erfahren, welche Zutaten verwendet wurden."

Doch Verbraucherschützer bemängeln die Vorgaben als nicht ausreichend. Die Kennzeichnung bleibe mit mindestens 1,2 Millimeter zu unleserlich. Auch die Herkunftskennzeichnung weise Lücken auf: So etwa bei Fleisch, bei dem die Angaben nur bei verpacktem, aber nicht bei unverpacktem Fleisch gemacht werden müssen.

Der Grüne-Europaabgeordnete Martin Häusling kritisiert zudem die Vorgaben für Nano-Partikel: Eine Kennzeichnung allein genüge nicht: "Nano-Partikel haben in Lebensmitteln nichts zu suchen. Dies muss endlich auf europäischer Ebene auch so geregelt werden."

Die Umsetzung der LMIV ist noch nicht abgeschlossen: Ab 2016 wird eine Nährwerttabelle Pflicht – etwa zu Salz, Fett und Zucker. Diskutiert wird auch über Vorgaben für vegetarische und vegane Produkte, wie es von der Lebensmittelbranche heißt. Etiketten werden also sicher nicht zum letzten Mal geändert.

Eine Ampelkennzeichnung hatte sich bei den Verhandlungen jedoch nicht durchsetzen können: Diese hätte auf einen Blick angegeben, ob der Gehalt an Fett, Zucker oder Salz hoch, mittel oder niedrig zu bewerten ist.

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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