EU-Parlament: Keine Wende bei GAP
14.03.13 Bio-markt info - Die Gemeinsame Agrarpolitik GAP der nächsten Jahre bis 2020 wird keine grundlegende Agrarwende bringen. Nach Auffassung der Grünen Europafraktion fiel das Ergebnis bei der entscheidenden Abstimmung über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Europäischen Parlament ernüchternd aus. Vor allem die Abgeordneten von CDU/CSU hätten eine ökologische Neuausrichtung der europäischen Landwirtschaft verhindert. Das Reformpaket bleibe deutlich hinter den vernünftigen Vorschlägen der EU-Kommission zurück. "Unionspolitiker haben im Verbund mit dem deutschen Bauernverband verhindert, dass mutige Schritte unternommen werden, die zu mehr Umwelt-, Tier- und Klimaschutz sowie zu mehr Verteilungsgerechtigkeit geführt hätten", so der agrarpolitische Sprecher der Grünen Europafraktion, Martin Häusling.
Das EU-Parlament hingegen lobt die Abstimmungsergebnisse in einer Pressemitteilung: DIe neue Agrarpolitik sei ein Beitrag zu Umweltschutz, Fairness und Lebensmittelsicherheit. Die Knackpunkte der Reform wurden lange ausführlich diskutiert (siehe z.B. Meine Landwirtschaft) und auf dem Europäischen Aktionstag gestern vor dem Straßburger Parlament noch einmal deutlich gemacht.
Ein zentrales Grünes Anliegen bei der Agrarreform war es, den Vormarsch von Monokulturen zu stoppen. Das Abstimmungsergebnis werde jedoch insbesondere den immer intensiveren Anbau von Mais nicht stoppen. "Anstelle einer echten Fruchtfolge, die Hülsenfrüchte enthält und eine "Win-win-win" Situation für die Umwelt, für die Bodenfruchtbarkeit sowie eine Senkung der Abhängigkeit der Bauern von kostspieligen Chemikalien darstellen würde, wurde heute entschieden, dass nur eine Diversifizierung stattfinden muss", resümiert Martin Häusling. Positiv ist zumindest, dass nur drei "Greening-Maßnahmen", namentlich Fruchtartendiversifizierung, Dauergrünland und Ökologische Vorrangflächen, als "Greening" anerkannt werden. Damit ist die absurde Idee vom Tisch, eine Vielzahl an Maßnahmen, die wenig oder gar nichts mit ökologischer Landwirtschaft zu tun haben, einfach als "Grün" anzuerkennen.
Der zweite zentrale Punkt für die Grüne Europafraktion war, die Direktzahlungen an Bauern bei 100.000 Euro zu kappen. Damit sollte verhindert werden, dass gerade die großen, agroindustriellen Betriebe überdurchschnittlich von der EU gefördert werden. Das war mit dem von konservativen Kräften dominierten Europäischen Parlament nicht zu machen: Die Summe wurde bei 300.000 Euro belassen, so wie es bereits der Agrarausschuss vorgeschlagen hatte.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer sehen die Grünen in der Entwicklungspolitik. "Auf Druck der Grünen wurde erstmalig in der Geschichte der europäischen Landwirtschaftspolitik der Grundsatz der Ernährungssicherheit der Entwicklungsländer verankert. Konkrete Vorschläge, wie die Abschaffung der Agrarsubventionen, sind aber gescheitert", heißt es in der Pressemitteilung. "Wie die schönen Worte in die Praxis umgesetzt werden sollen, bleibt daher völlig unklar", kommentiert die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, Ska Keller.
Noch ist nicht alles verloren. Nach der Abstimmung im Europaparlament beginnen jetzt die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten. Die Erfahrung mit früheren Agrarreformen zeigt, dass in einem späteren Schritt doch noch die Ursprungsidee realisiert werden kann. "Ich fordere deshalb, dass wir trotz des Sieben-Jahres-Turnus in zwei Jahren diese Reform überprüfen, damit wir dann wesentlich mehr Ökologisierung durchsetzen können", so Martin Häusling kämpferisch. Die endgültige Form der neuen EU-Agrarpolitik wird vom Europäischen Parlament, den EU-Landwirtschaftsministern und der Europäischen Kommission in sogenannten "Trilog-"Verhandlungen beschlossen, die voraussichtlich Ende März/ Anfang April beginnen.
Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses Paolo De Castro äußerte sich nach den Abstimmungen im Plenum am Mittwochnachmittag zufrieden: „Heute haben wir das Gleichgewicht gewahrt zwischen Lebensmittelsicherheit und verbessertem Umweltschutz, so dass die neue EU-Agrarpolitik noch mehr öffentliche Güter für die EU-Bürger bereitstellen kann. Die Agrarpolitik muss aber auch unbürokratischer werden, und fairer für die Landwirte, vor allem, um sie für den Umgang mit der Krise zu rüsten. Dies ist unsere Position, wenn wir in die Verhandlungen mit den EU-Ländern über die endgültige Form dieser Politik gehen“.
Im Einzelnen haben die Abgeordneten folgende Punkte beschlossen:
Faire und transparente Finanzierung für aktive Landwirte, bei denen die Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der Finanzierung der Landwirte etwas schneller ausgeglichen werden sollen, als die Europäische Kommission dies vorschlägt. Kein Landwirt in der EU sollte weniger als 65% des Unionsdurchschnitts erhalten. Die Empfänger von EU-Agrarhilfen sollen veröffentlichen werden und Landbesitzer (z.B. Flughäfen, Sportvereine) sollen von EU-Beihilfen ausgeschlossen werden sollen, wenn sie landwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht wesentlicher Teil ihrer gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausmacht. Die EU-Länder können diese Liste erweitern.
Junge Landwirte und kleine Betriebe sollen stärker unterstützt werden
(25 % Zusatzzahlung für bis zu 100 ha), Mitgliedstaaten können Kleinlandwirte ebenfalls mit zusätzlichen Mitteln unterstützen. Hingegen soll für alle Betriebe eine Obergrenze von €300.000 für Direktzahlungen einzuführt werden, und Zahlungen für Empfänger von mehr als €150.000 deutlich gesenkt werden (ausgenommen Genossenschaften). Die Abgeordneten haben ich für eine flexiblere Ökologisierung ausgesprochen, d.h. dass 30% der nationalen Zuweisungen für Direktzahlungen abhängig von verpflichtenden Ökologisierungsmaßnahmen gemacht werden sollten. Die drei wichtigsten Maßnahmen - Anbaudiversifizierung, Erhaltung von Dauergrünland und Dauerweideland sowie Flächennutzung für Umweltzwecke - wurden im Kern nicht verändert, doch mit Ausnahmen versehen, um zum Beispiel die Größe eines Betriebs zu berücksichtigen, heißt es in der Pressemitteilung des EU-Parlaments.
Außerdem sollen die Bauernverbände neue Instrumente in die Hand bekommen und stellvertretend für ihre Mitglieder Verträge aushandeln können, beschlossen die Abgeordneten, um die Landwirte krisenfest zu machen. "Dieser Beschluss spiegelt die Meinung der EU-Bürger zur Zukunft der EU-Agrarpolitik wider. „Wir müssen gewährleisten, dass wir die ländliche Wirtschaft beibehalten und fördern, und dass Wettbewerbsfähigkeit und Umweltschutz vereinbar sind“, sagte der Berichterstatter für die Verordnung über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse Michel Dantin.