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Frankfurter Rundschau -  Von Stephan Börnecke

Die geplanten Emissionsziele der EU verärgern die deutschen Landwirte. Für Kritik sorgt vor allem, dass auch Methan Teil der Richtlinie werden soll. Das Gas entsteht in den Mägen von Rindern und anderen Wiederkäuern.

Die Landwirtschaftspresse tobt seit Wochen: „Unrealistische Emissionsvorgaben gefährden Tierhaltung“, „Jedes zweite Rind in Bayern müsste weg“ oder „NEC-Richtlinie stellt Bauern vor unlösbare Aufgaben“. Aber droht aus Brüssel tatsächlich ein Schlag gegen die Fleischerzeugung in Deutschland, weil die EU deutliche Reduktionen von Ammoniak- und Methan-Emissionen verlangt?

Die Richtlinie, um die es geht und über die das Europäische Parlament am Mittwoch berät, regelt die „nationalen Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe“. Im Wesentlichen sind das die Ozon-Vorläufersubstanzen, allen voran die Stickoxide, die wiederum großteils aus dem Straßenverkehr stammen. Für sie gelten Obergrenzen in der EU.

Aber auch für die Stickstoffverbindung Ammoniak, das zu 95 Prozent aus der Landwirtschaft stammt, sieht die Richtlinie Höchstmengen vor. Ammoniak entsteht unter anderem bei der Düngung mit mineralischem Stickstoff, besonders aber dann, wenn der Dünger in Form von Harnstoff verwendet wird. Das ist vor allem in größeren Betrieben der Fall, denn Harnstoff ist zwar billiger als herkömmlicher Mineraldünger, erfordert aber eine teurere Technik beim Ausbringen. Deutschland soll nun den Ausstoß von Ammoniak um 46 Prozent bis zum Jahr 2025 reduzieren. Das wird ohne Veränderungen in der Landtechnik nicht gehen, nötig wären weniger Mineraldünger und stattdessen ein Umschwenken zum Anbau Stickstoff sammelnder Futterpflanzen.

Seltsamerweise aber sorgt nicht die Ammoniak-Reduktion für Aufregung in der Landwirtschaft, sondern das Methan. Denn auch Methan gilt als Vorläuferstoff von Ozon und ist damit ebenfalls an Atemwegreizungen oder gar Asthma beteiligt, war bislang aber nicht Teil der Richtlinie. Doch nun soll auch das Gas, das aus den Mägen der Rinder und anderer Wiederkäuer kommt, reduziert werden, und zwar gleich um 39 Prozent bis 2030.

Der Anteil des Agrarsektors an der Gesamtemission von Methan beträgt laut Umweltbundesamt 53 Prozent. Es ist unbestritten, dass auch die Landwirtschaft ihren Teil zur Reduzierung von Methan beitragen soll. Die Frage ist nur: Wie und mit welchen Methoden?
Weniger Import-Soja

Annette Grass, Luftexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe, hat vor allem die industrielle Landwirtschaft im Visier. Betriebe, die weniger als 80 oder 100 Rinder im Stall und auf der Weide haben, sollten aus ihrer Sicht nicht herangezogen werden. Da nach ihrer Rechnung durch technische Veränderungen wie bessere Filtertechnik in der Stallhaltung oder Abdeckung von Gülle und Festmist bereits ein Großteil der avisierten Reduktion erreicht werden könne, bliebe ein Rest von gerade acht Prozent. Diese Lücke könne durch neue Biogasanlagen zur Vergärung von Gülle und durch eine Verringerung der Fleischexporte geschlossen werden.

Martin Häusling, EU-Abgeordneter der Grünen, warnt vor einer überwiegend technischen Lösung des Problems. Statt neue, für viele Bauern unbezahlbare Biogasanlagen und Stallfilter zu fordern, sollte sich die Politik auf die Vorzüge einer extensiveren, ökologischen Wirtschaftsweise besinnen. Weniger Eiweiß etwa aus Import-Soja im Futter helfe, den Methanrülpser zu reduzieren. Mehr extensive Weidewirtschaft und ein Verzicht auf Turbo-Kühe täten ein Übriges. Denn Hochleistungskühe haben oft ein kürzeres Leben, doch die Nachzucht muss erstmal zweieinhalb Jahre gefüttert werden, bevor sie auch nur einen Liter Milch gibt. Langlebige Kühe helfen also ebenfalls, das Methan-Problem zu verringern.

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

230213 action against NewGMO

13.02.2023 #global2000 #lebensmittelsicherheit
Über 420.000 Menschen fordern europaweit: Neue Gentechnik (NGT) in Lebensmitteln auch weiterhin regulieren und kennzeichnen. #ichooseGMOfree - Mit unserem Essen spielt man nicht!

Strenge Risikoprüfung und Kennzeichnung für #NeueGentechnik sichern! Volle Unterstützung für unsere Kolleg:innen, die in Brüssel die Petition, inkl. unserer #PickerlDrauf-Unterschriften, an die Europäische Kommission überreichen!

Eine breites Bündnis von mehr als 50 Organisationen aus 17 EU-Mitgliedstaaten hat eine Petition an die Europäische Kommission gerichtet, in der wir fordern, dass Neue Gentechnik-Pflanzen auch reguliert und gekennzeichnet bleiben.

Danke an alle, die sich hinter unsere Forderungen gestellt haben und sich für die Wahlfreiheit der Bäuerinnen und Bauern und Konsument:innen einsetzen!

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